Foto: Sedivention

Sedivention: Neuartige Therapie bei Fettleibigkeit

Das Münchner Medtech-Unternehmen Sedivention will die Behandlung von Fettleibigkeit mit einem neuartigen Katheter erleichtern – ein Ansatz, mit dem das Unternehmen bereits unter anderem beim diesjährigen Münchner Businessplan Wettbewerb überzeugen konnte. Wie das 2021 von Ute Nollert, Stéphane Delaloye und André Burch gegründete Startup gegen den 'Hungernerv' vorgehen will und warum diese Behandlungsmethode zum echten Game Changer für Betroffene werden kann, berichten die GründerInnen im Interview.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr? 

Sedivention: Jeder fünfte Europäer ist heute von Fettleibigkeit betroffen. Für das Jahr 2030 schätzt man 1,5 Milliarden schwer übergewichtige Personen weltweit mit einem Body Mass Index von mehr als 30 kg/m2. Diese Menschen werden häufig ausgegrenzt und ausgelacht. Und sie leiden unter den Folgeerkrankungen Diabetes, Hypertonus oder Krebs. Dabei können sie nicht einfach durch mehr Disziplin, Diät und Sport abnehmen, denn ab einem gewissen Punkt führt Fettleibigkeit zu einer Regulationsstörung des Hunger- und Sättigungsgefühls mit anhaltendem, unstillbaren Hunger.

Patienten verlieren Hunger

Wir entwickeln ein medizinisches Gerät, das, ähnlich einer Magenspiegelung, in den Magen eingeführt wird und dort die Nervenäste verödet, die dieses übersteigerte Hungergefühl zum Hirn leiten. Im Effekt verlieren die Patienten ihren Hunger und können dann abnehmen. Das Medikament Wegowy, das Elon Musk beworben hat, wirkt im Prinzip ähnlich, nur über die Blutbahn und nicht über die Nerven.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst! 

Sedivention: Es gibt Medikamente, Magenballone und chirurgische Verfahren zur Magenverkleinerung. Was es noch nicht gibt und was unser Device können wird: Eine einmalige, minimal invasive, langwirksame Reduktion des Hungergefühls ohne Medikament, ohne Implantat, ohne Operation. Der Eingriff kann bei allen Spezialisten für Magen-Darm-Erkrankungen in der Praxis ambulant durchgeführt werden – wie eben eine Magenspiegelung.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory? 

Sedivention: Wir sind ein erfahrenes Team aus Ärzten, Ingenieuren, Managern. Wir kennen uns aus unserer bisherigen beruflichen Laufbahn und möchten nun gemeinsam etwas ganz Neues schaffen. Dabei haben wir uns überlegt: Was ist das größte ungelöste Gesundheitsproblem der Menschheit, für das es noch keine gute Behandlungsmöglichkeit gibt. Und das ist eben die Fettleibigkeit. 

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Sedivention: Für ein noch sehr frühphasiges Startup Investoren finden. Wir sind keine Ausgründung einer Universität und mussten von Anfang an eigene Mittel für die Forschung einsetzen. Andererseits hat unser Team viel Erfahrung mit der Entwicklung von Medizinprodukten, kennt die regulatorischen Prozesse und die Patente gehören uns.

Therapie-Einsatz in fünf Jahren

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren? 

Sedivention: In einem Jahr wollen wir unseren Prototypen weiterentwickelt haben, in Richtung zu einem klinisch einsatzfähigen, in Serie herstellbaren Produkt. In fünf Jahren sollen die ersten Studien abgeschlossen und der Katheter auf dem Markt sein. Nachdem wir Startup-Wettbewerbe und Preise gewonnen haben, haben wir schon viel Post von Patienten mit Fettleibigkeit bekommen, die sehr auf unser Medizingerät hoffen. In fünf Jahren soll sich ihre Hoffnung erfüllen und das Gerät zur Behandlung zur Verfügung stehen.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt? 

Sedivention: Wunderbar. Wir haben Kontakte / Kooperationen mit beiden Universitäten und sind sehr dankbar für die große Unterstützung und Förderung von Bayern Innovativ, Baystartup, BioM, UnternehmerTUM, Bayern Kapital und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium. Aber auch dem HTGF und Science4Life aus Hessen verdanken wir sehr, sehr viel. Es gibt viele Startups im Münchner Raum und wir freuen uns über viele Einladungen zu Veranstaltungen, auf denen man viel lernen und sehr viele Kontakte knüpfen kann.

Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star? 

Sedivention: Wir hoffen, dass wir beides werden, aber momentan vielleicht besser Game Changer.