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Vocalisto: Ein mobiler Proberaum für alle SängerInnen

Von Taylor Swift bis zum örtlichen Kirchenchor müssen SängerInnen, ebenso wie alle anderen MusikerInnen auch, regelmäßig üben. Wenn man allerdings nicht gerade zur „Person of the Year“ gekürt wurde, kann man mit den Stimmübungen auch mal die Nachbarn verärgern. Proberäume sind allerdings teuer und rar. Das Münchner Startup Vocalisto hat sich hierfür eine Lösung ausgedacht, die nicht nur handlich und mobil ist, sondern auch verschiedene Zusatzfunktionen bringt. Im Interview erklärt Gründer Gerd Birzele, wie sein mobiler Proberaum funktioniert und wie er besonders HobbymusikerInnen dabei helfen kann, Hemmschwellen zu überwinden.

Munich Startup: Was macht Vocalisto? Welches Problem löst Ihr?

Gerd Birzele, Vocalisto: Mit unserem mobilen Proberaum ermöglichen wir SängerInnen ihrer Leidenschaft jederzeit und überall nachzugehen, ohne dabei Mitmenschen zu stören.

Das Problem, das wir lösen, ist, dass allein in Deutschland über 3 Millionen SängerInnen regelmäßig zu Hause üben wollen und das mangels adäquater Schalldämmung nicht so flexibel wie gewünscht tun können. Dadurch bekommen einige Ärger mit NachbarInnen oder haben Bedenken hörbare Fehler zu machen und hören deswegen teilweise sogar ganz auf. Diese Situation wird seit vermehrter Home-Office Tätigkeit noch verstärkt.

Unsere Lösung, der mobile Proberaum bestehend aus einer schalldämmenden Gesichtsmaske und der zugehörigen Mobile-App, ermöglicht Privatsphäre und Flexibilität für SängerInnen. Im ersten Schritt wird Schall nach außen ggü. Mitmenschen gedämmt, aber auch nach innen, um Gesangsaufnahmen vor externen Geräuschen zu schützen. Die SängerIn kann sich dabei mittels Kopfhörer selbst hören und auch Songs live mischen und aufnehmen.

Vocalisto vereint Schalldämmung, integriertes Recording und Ortsunabhängigkeit

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Gerd Birzele, Vocalisto: Die klassische Möglichkeit ist ein stationärer Proberaum, oft irgendwo gemietet. Hier ist die geringe Verfügbarkeit solcher Räume das Problem. Häufig damit einher geht die große Entfernung zwischen Wohnort und dem Raum, oder auch weitere KünstlerInnen, mit denen man sich den Raum teilen muss. Diese Abhängigkeit und folglich geringe Flexibilität ist oft der Grund, weshalb man zu Hause üben möchte und muss.

Bestehende Schalldämmungslösungen für zu Hause haben hohe Platzanforderungen, teilweise eine aufwändige und feste Installation und teure Preise. In einer Stadtwohnung ist das meist nicht möglich.  

Mit unserer Lösung vereinen wir erstmals die Faktoren Schalldämmung, integriertes Recording und Ortsunabhängigkeit. Somit kann man auch auf Reisen und direkt vor einem Auftritt üben und hat auch kein Problem bei einem Umzug. NutzerInnen können unseren mobilen Proberaum tatsächlich sogar im Rucksack oder in einer Handtasche mitnehmen. 

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Gerd Birzele, Vocalisto: Ich bin seit über 20 Jahren Musiker und hatte als Sänger unserer Band das Problem, dass ich bei meinem Umzug nach München unseren Bandraum zum Üben nicht mehr in der Nähe hatte. Zur Vorbereitung auf Studiotermine oder Auftritte habe ich mich ab und zu sogar in mein Auto gesetzt.

Auf der Suche nach einer Lösung für die Wohnung wurde ich von den Platzanforderungen und dem Aufwand der Installation enttäuscht. Irgendwann kam mir die Idee das ganze deutlich kleiner und mobiler zu gestalten. Nachdem ich erste Prototypen gebaut hatte, habe ich mich dann in 2021 mit einem Gründerkollegen zusammengetan, der aus beruflichen Gründen leider nicht mehr dabei ist. In vielen Monaten Entwicklungsarbeit und Kundentests konnten wir unsere Hypothesen validieren und das Grundprinzip der Maske und App so weit bringen, um jetzt im nächsten Schritt den Markteintritt zu planen.

Herausforderung MitgründerInnensuche

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Gerd Birzele, Vocalisto: Zu Beginn stand die technische Herausforderung, Schalldämmung in einem sehr begrenzten Raum so zu realisieren, dass sie einerseits effektiv ist und gleichzeitig weder der Tragekomfort noch der Klang oder die Atmung beeinträchtigt werden. Diesen Balanceakt konnten wir durch etliche Iterationen und Tests mit einer Vielzahl von Materialien und Gestaltungsprinzipien bewältigen – angefangen bei Labortests bis hin zu intensiven Kundentests. Tools wie KI-Design und 3D-Druck haben uns ermöglicht schnell neue Ideen umzusetzen. Durch äußerst konstruktives Feedback konnten wir schließlich eine sehr nützliche Lösung für unsere Kunden finden.

Die Themen Finanzierung und MitgründerInnensuche stellen natürlich weitere Herausforderungen dar. Gute Leute zu finden, die nicht nur über die richtigen Skills verfügen, sondern auch im richtigen Moment ihres Lebens stehen, um ein Unternehmen zu gründen und das damit verbundene Risiko einzugehen, ist durchaus anspruchsvoll. Interessenten aus der Leserschaft können sich gerne unter Gerd.Birzele@vocalisto.com melden.

„Eine etablierte Marke und Plattform für erfahrene SängerInnen wie auch AnfängerInnen“

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Gerd Birzele, Vocalisto: In einem Jahr wollen wir mit unserem mobilen Proberaum im Markt vertreten sein und dann noch mehr Kundenfeedback nutzen, um unsere Lösung und unser Angebot ganzheitlich zu optimieren.

Längerfristig verfolgen wir das Ziel, eine etablierte Marke und Plattform für erfahrene SängerInnen wie auch AnfängerInnen zu sein. Mit unseren Lösungen wollen wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das Thema Gesang für jeden zugänglich zu machen. Unabhängig von der Lebenssituation oder vermeintlichem Talent soll jeder mit Freude und Leichtigkeit Fortschritte im Gesang erleben können. Wir möchten ermöglichen, dass Menschen dauerhaft ihre Leidenschaft fürs Singen ausleben können.

Darüber hinaus werden für uns auch neue Kundengruppen wie Podcast Creators oder Online Gamer eine Rolle spielen.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Gerd Birzele, Vocalisto: Als sehr aktiven und lebendigen Standort. Hier gibt es unzählige Netzwerkveranstaltungen, Möglichkeiten zum Austausch mit ExpertInnen und kreativen Köpfen von Startups bis hin zu etablierten Unternehmen. Auch die Unterstützungslandschaft ist in München ein sehr wertvoller Faktor. Mit dem Strascheg Center for Entrepreneurship der Hochschule München hatten wir unseren ersten Partner, der uns neben Coaching auch mit finanziellem Support unterstützt hat. Als Hardware Startup war das für uns schon sehr früh essentiell fürs Weiterkommen. Auch branchenspezifische Angebote sind für einen Markteintritt Gold wert, weshalb wir super happy sind, ganz aktuell in den Wavelab Incubator der Hochschule für Musik und Theater München aufgenommen worden zu sein. Insgesamt ist München als Gründungsstandort sehr zu empfehlen.

Munich Startup: Schneller Exit oder langer Atem?

Gerd Birzele, Vocalisto: Aktuell ist beides denkbar. Für uns ist es wichtig, Kunden langfristig mit unserem Angebot helfen zu können. Wenn dieses Ziel durch einen Partner mit etablierten Strukturen in der Umsetzung besser erreichbar ist, dann gerne.