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Was genau machen eigentlich Govtech-Startups?

Govtech, kurz für Governance Technology, meint Technologien und Unternehmen, die dazu beitragen, Dienstleistungen und Prozesse in der öffentlichen Verwaltung zu digitalisieren. Wir erklären Euch, wie es hierzulande um den smarten Staat bestellt ist, welche Vorteile er mit sich bringt und welche Münchner Startups diese Entwicklung vorantreiben.

Dass das mit der Digitalisierung in Deutschland eine zähe Angelegenheit ist, ist allgemein bekannt. Das E-Rezept gibt es zwar schon länger, funktioniert aber nicht wirklich reibungslos. Ein flächendeckendes 5G-Netz dauert wohl auch noch ein Weilchen. Und die Sache mit der elektronischen Signatur – naja…

Tatsächlich steht die Bundesrepublik im internationalen Digitalisierungs-Vergleich eher mittelprächtig da. Laut dem Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI), der die Fortschritte der 27 EU-Mitgliedstaaten in fünf wesentlichen Bereichen verfolgt, rangiert Deutschland im Mittelfeld. 2022 reichte es gerade einmal für den 13. Platz mit einer Gesamtpunktzahl von 52,9 Punkten – der Durchschnitt lag bei 52,3.

Besonders schlecht schnitt Deutschland im DESI-Ranking in der Kategorie „Digitale öffentliche Dienste“ ab. Und das trotz mehrerer Initiativen der Bundesregierung zur Beschleunigung genau dieser. Der Anteil der deutschen InternetnutzerInnen, die elektronische Behördendienste in Anspruch nehmen, lag 2022 mit 55 Prozent auf Platz 24. Und somit hinter den meisten EU-Ländern.

Warum brauchen wir einen smarten Staat?

Die unzureichende Digitalisierung in der Verwaltung erlebt spätestens, wer einen Termin beim Bürgeramt hat. Dann sind Anträge und Dokumente oft noch in Papierform auszufüllen und die Zettelwirtschaft anschließend vor Ort in der Behörde abzugeben. Das ist nicht nur wahnsinnig nervenaufreibend, sondern für alle Beteiligten zeit- und kostenaufwendig.

Ziel der digitalen Transformation im öffentlichen Sektor ist es also, staatliche Dienstleistungen nicht nur effizienter, sondern für alle BürgerInnen einfacher zugänglich zu machen. Die Digitalisierung ist dabei der Schlüssel zur Modernisierung des Verwaltungsapparats. Bund, Länder und Kommunen brauchen Technologien, die Verwaltungsprozesse und Bürgerservices anwendungsfreundlicher und transparenter machen. Zudem ist eine funktionierende digitale Verwaltung auch ein wichtiger Standortfaktor für internationale Unternehmen und Fachkräfte.

Startups als Innovationstreiber

Govtech – das heißt, Startups und politische EntscheiderInnen kommen zusammen. Denn die Digitalisierung öffentlicher Strukturen ist eine Herausforderung, die der Staat nicht allein bewältigen kann. Verwaltungsstrukturen und -prozesse sind nicht darauf ausgelegt, risikobehaftete neue Lösungen zu integrieren. Ein wichtiger Treiber hinter der digitalen Transformation sind deshalb technologieorientierte Unternehmen und Startups. Der Ideenreichtum und die starke NutzerInnenorientierung der Startups macht sie zu geeigneten Partnern auf dem Weg zum digitalen Staat. Dabei kommen häufig Innovationen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Cloud-Technologie, Data Analytics und Blockchain zum Einsatz.

Zu den Anwendungsfelder, in denen Govtech-Startups aktiv sind, gehören beispielsweise:

  • Digitale Bürgerplattformen, auf denen BürgerInnen Informationen bekommen und in Echtzeit mit den Behörden kommunizieren können
  • Künstliche Intelligenz zur automatischen Textanalyse bei der Bearbeitung von Anträgen und Dokumenten
  • Verbesserte Datenerfassung und -analyse zur Optimierung von Entscheidungsprozessen
  • Smart-City-Technologien zur Verbesserung der städtischen Infrastruktur, Verkehrssteuerung und Umweltschutz

Münchner Startups aus der Govtech-Branche

Im Bereich Govtech muss sich das Münchner Startup-Ökosystem wahrlich nicht verstecken. Zahlreiche hiesige Jungunternehmen tragen ihren Teil dazu bei, den Verwaltungssektor effizienter, transparenter und nutzerinnenfreundlicher zu gestalten. Dazu gehören:

Convaise: Das Startup unterstützt Organisationen und die öffentliche Verwaltung dabei, ihre Kommunikation mit KundInnen und BürgerInnen auf ein Chat-basiertes System umzustellen. Auch komplexe Vorgänge können auf der No-Code-Plattform von Convaise über einen KI-unterstützten Messenger abgewickelt werden. So transformieren Kommunen und Städte ihre Prozesse zu Self-Service-Dienstleistungen. Der digitale Assistent führt die BürgerInnen durch bürokratische Prozesse und gibt ihnen Informationen für die weitere Bearbeitung.

Govradar: Das Beschaffungswesen der öffentlichen Hand hat sich Govradar vorgenommen. Deren KI-gestützte Software-as-a-Service-Lösung ermöglicht das Erstellen von Ausschreibungsunterlagen, ohne dass Mitarbeitende aus Behörden oder Kommunen diese manuell erstellen müssen. Außerdem stellt das Govtech sicher, dass Leistungsbeschreibungen rechtskonform, klar und eindeutig formuliert sind, damit potenzielle Lieferanten passgenaue Angebote abgeben können. Zudem hilft ein KI-gestützter Assistent bei der Optimierung der Beschaffung.

Govshare: Eine Lösungsplattform für kommunalen Klimaschutz bietet Govshare. Sie sammelt zentral Praxisbeispiele für erfolgreiche Klimaschutz-Maßnahmen auf Gemeinde-Ebene. So sollen die Kommunen und ihre Eigenbetriebe praktikable Lösungen finden, ohne selbst wieder ganz von vorne anfangen zu müssen. Zudem können sich kommerzielle Lösungsanbieter, aber auch gemeinnützige Organisationen und Sozialunternehmen auf der Plattform des Govtechs listen lassen.

Locaboo: Das 2021 gegründete Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gemeinden bei der Verwaltung von öffentlichen Gebäuden wie Sportstätten, Bürgerhäusern sowie Kultur- und Veranstaltungsorten zu helfen. Hierzu hat Locaboo eine Software entwickelt, die es den Kommunen erlaubt, die Lokalitäten über die jeweiligen Webseiten direkt zu vermieten. Dabei optimiert und analysiert die Software die Auslastung und übernimmt den gesamten Prozess rund um die Vermietung. So soll die Effizienz und Nachhaltigkeit der Ressourcennutzung gesteigert und die Datenbasis für zukünftige Stadtentwicklung unterstützt werden.