Das Team von Respond mit unseren beiden Interviewpartnerinnen Heba Aguib (2. v. l.) und Miki Yokoyama (4. v. l.).
© Erol Gurian

“Zukunftsfähige Geschäftsmodelle sind nicht nur profitorientiert, sondern auch nachhaltig”

Seit Beginn des Jahres gibt es im Accelerator-Kosmos etwas Neues: das Respond-Programm. Dieses Programm geht aus einer gemeinsamen Initiative der BMW Foundation Herbert Quandt und der UnternehmerTUM hervor. Mit Respond sollen GründerInnen unterstützt werden, die durch innovative Technologien und unternehmerische Ansätze nachhaltige Lösungen für globale Herausforderungen entwickeln. Wir wollten mehr erfahren und haben deswegen Heba Aguib, Chief Executive von Respond, und Miki Yokoyama, COO von Respond, zum Doppelinterview gebeten.

Munich Startup: Stellt euch bitte kurz vor.

Heba Aguib: Mein Name ist Heba Aguib und ich arbeite seit Juli 2019 für die BMW Foundation Herbert Quandt. Ich leite als Chief Executive unser Accelerator-Programm Respond, das wir Anfang dieses Jahres gemeinsam mit der UnternehmerTUM gestartet haben.

Miki Yokoyama: Mein Name ist Miki Yokoyama und ich bin COO von Respond sowie seit 2018 COO von TechFounders an der UnternehmerTUM, Europas führendem Zentrum für Innovation und Entrepreneurship.

Heba Aguib: Mit Respond bieten wir GründerInnen ein fünfmonatiges Accelerator-Programm mit praxisnahem Coaching und Mentoring in den Bereichen Business, Technologie, Nachhaltigkeit und Leadership auf höchstem Niveau.

Balance von People, Profit und Planet

Miki Yokoyama: Die TeilnehmerInnen profitieren außerdem von den globalen Netzwerken beider Organisationen mit erstklassigen Partnern aus der Tech- und Businesswelt sowie von Platzierungen auf internationalen Veranstaltungen.

Heba Aguib: Zudem haben alle Teilnehmer die Möglichkeit, an einer Studie mitzuwirken, die aufzeigt, wie man zu systemischem Wandel beitragen kann. Ohne systemischen Wandel werden wir die Balance von People, Profit und Planet nicht erreichen. Und was das bedeutet, weiß mittlerweile jeder. Jeder Beitrag wird vergütet und nach Ende des Programms gemeinsam mit uns veröffentlicht.

Munich Startup: Worauf legt Ihr bei der Zusammenarbeit mit Startups den Fokus?

Miki Yokoyama: Mit Respond unterstützen wir GründerInnen, die die Probleme unserer Zeit anpacken wollen und durch unternehmerische Lösungen zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen beitragen. Im ersten Jahr fokussieren wir uns dabei auf drei nachhaltige Entwicklungsziele: Ziel 8, also Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum; Ziel 9, Industrie, Innovation und Infrastruktur sowie auf das Ziel 11, Nachhaltige Städte und Gemeinden.

„Die Probleme unserer heutigen Zeit sind zu komplex, als dass sie alleine gelöst werden könnten“

Heba Aguib: Wir glauben, dass Startups mit ihrer Agilität, Kreativität und Dynamik den strukturellen und wirtschaftlichen Wandel entscheidend vorantreiben. Verantwortungsvolles Handeln von Führungspersönlichkeiten ist dafür der zentrale Hebel. Wir wollen GründerInnen inspirieren, ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und sich für eine friedliche, gerechte und nachhaltige Zukunft einzusetzen.

Munich Startup: „Um erfolgreich zu sein, muss ein Startup…“

Miki Yokoyama: … eine klare Vision haben, diese zielstrebig verfolgen, ein gutes Team haben und das richtige Timing erwischen und dabei trotzdem bescheiden und offen für neue Wege bleiben.

Heba Aguib: … effektiv mit anderen zusammenarbeiten. Die Probleme unserer heutigen Zeit sind zu komplex, als dass sie alleine gelöst werden könnten. Ein gutes Netzwerk und Partner mit hoher Expertise sind entscheidend für den Erfolg, gerade für den Erfolg junger Unternehmen.

Munich Startup: Warum braucht ein gutes Startup überhaupt einen Accelerator im Rücken?

Heba Aguib: Jedes Startup — egal, wie erfahren die GründerInnen sind oder wie ausgereift das Geschäftsmodell ist — kann aus einem Accelerator wertvolle Unterstützung und Inspiration ziehen. Im Austausch mit Mentoren, die selbst schon die Höhen und Tiefen des Gründens durchlebt haben, können sie ihre Ideen prüfen, aus den Erfahrungen anderer lernen und im Ergebnis eigene, künftige Herausforderungen besser voraussehen. Doch es gibt noch wesentlich mehr Vorteile. So können namhafte Acceleratoren durch ihre Reputation sowie Kommunikation nach Außen das Image verbessern und die Bekanntheit der Startups steigern.

Miki Yokoyama: Nicht zu unterschätzen sind darüber hinaus die wertvollen Kontakte und Möglichkeiten zum Netzwerken und Anbahnen von Kooperationen — und das in sämtlichen für Startups relevanten Bereichen: Ob zu anderen GründerInnen, Investoren, potenziellen Kunden oder neuen MitarbeiterInnen.

Munich Startup: Was ist der größte Fehler, den ein Startup machen kann?

Miki Yokoyama: Keine Ratschläge zu beherzigen und keine Fragen an andere, erfahrene GründerInnen oder ExpertInnen zu stellen. Auf dem Weg zum erfolgreichen Startup ist konstruktives Feedback und externe Expertise unverzichtbar. Wer allein auf sein eigenes Wissen und Erfahrungen baut, verpasst die Chance, aus Fehlern anderer zu lernen und andere Perspektiven zum eigenen Vorteil zu nutzen.

Zukunftsfähige Geschäftsmodelle brauchen mehr als Skalierung, Gewinne und einer Exitstrategie

Heba Aguib: Für die Entwicklung wirklich zukunftsfähiger Geschäftsmodelle halte ich zudem fehlende Weitsicht für einen zentralen Fehler. Es gibt sicher immer noch GründerInnen, die ihr Unternehmen vor allem mit Blick auf maximale Skalierung, Gewinne oder lukrative Exits aufbauen. Zu wirklich zukunftsfähigen Geschäftsmodellen gehört meines Erachtens aber mehr. Wir können die immer rasanter wachsenden globalen Herausforderungen nicht mehr ignorieren — und vor allem Führungspersönlichkeiten haben besondere Möglichkeiten, sich einzusetzen. Deshalb sollten GründerInnen klug und weitsichtig handeln und Geschäftsmodelle entwickeln, die nicht nur möglichst hohe Profite erzielen, sondern darüber hinaus einen positiven Beitrag zu Gesellschaft und Umwelt leisten.

Munich Startup: Der Trend des Jahres ist…!

Heba Aguib: … Verantwortung zu übernehmen! Ob im Hinblick auf die weltweite COVID-19-Pandemie oder in Sachen Nachhaltigkeit: Derzeit stehen viele aktuelle Themen auf den Agenden zahlreicher Startups. Wir wollen aber nicht, dass Verantwortung und Gemeinschaftsgefühl nur Trends bleiben, die nach einer bestimmten Zeit wieder abflauen, sondern dass diese Werte dauerhaft gelebt werden, insbesondere von Führungspersönlichkeiten.

„Globale Herausforderungen können nur durch einen systemischen Wandel des Wirtschafts- und Finanzsystems gelöst werden“

Miki Yokoyama: Die Herausforderungen, vor denen sich die globale Völkergemeinschaft sieht, betreffen sehr unterschiedliche Bereiche, ob eben hochaktuell das Coronavirus, oder langfristige Aufgaben, wie Klimawandel, bessere Gesundheitsversorgung oder Armutsbekämpfung. Diese Herausforderungen können nur durch einen systemischen Wandel des Wirtschafts- und Finanzsystems gelöst werden. Deshalb fordern wir Führungspersönlichkeiten weltweit auf, jetzt und auch in Zukunft ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen.

Munich Startup: Welche Eigenschaften macht die Münchner Startup-Szene so besonders?

Heba Aguib: München ist schon seit Langem ein Magnet für zahlreiche Startups. Nicht zuletzt aufgrund der Nähe zu erfolgreichen Großkonzernen: Ob BMW, Audi, Siemens, BSH oder Tech-Unternehmen wie Microsoft, Oracle und Amazon. Diese unternehmerische Vielfalt mit Unternehmen aller Größen und Branchen zieht viele Fachkräfte an und bietet zahlreiche Möglichkeiten für wertvolle Partnerschaften.

München besticht durch exzellente Bildungseinrichtungen

Miki Yokoyama: Ein wichtiger Faktor sind natürlich auch die exzellenten Bildungseinrichtungen. So steht laut dem Deutschen Startup Monitor 2019 die Technische Universität München das dritte Jahr in Folge an der Spitze der Top-10-Gründerhochschulen. Die UnternehmerTUM ist der Universität als Institut angegliedert und unterstützt Studierende, WissenschaftlerInnen, GründerInnen und Startups gezielt bei der Realisierung ihrer Gründungsvorhaben. So gehen jährlich mehr als 50 wachstumsstarke Startups aus der UnternehmerTUM hervor und machen München zu einem Hotspot für Gründungen und Innovationen.

Munich Startup: Last but not least: Auf wen gehen Startups zu, wenn sie mit Euch ins Gespräch kommen wollen?

Heba Aguib: Seit dem Launch von Respond wird das Team von sehr enthusiastischen GründerInnen angesprochen, es ist extrem spannend. Wir sind täglich im Austausch mit interessierten GründerInnen. Zudem findet man auf der Website von Respond Informationen und Updates über das Accelerator-Programm und sie können natürlich jederzeit per E-Mail oder Social Media mit uns und unserem Team Kontakt aufnehmen.

Miki Yokoyama: Zusätzlich war ich in den vergangenen Monaten viel unterwegs und habe zahlreiche GründerInnen auf Veranstaltungen getroffen — diese direkten Kontakte und das unmittelbare, positive Feedback der GründerInnen haben mich persönlich besonders gefreut.

Munich Startup: Vielen Dank für das Gespräch.