Juan A. Sanmiguel, Gründer und CEO von Hotelbird
Foto: Hotelbird

Hotelbird-CEO Juan A. Sanmiguel: „Der Markt fordert die Digitalisierung richtiggehend ein“

Hotelbird digitalisiert typische Abläufe in Hotels wie Check-ins. Nachdem die Corona-Krise die Branche besonders hart getroffen hat, haben wir mit Juan A. Sanmiguel, CEO und einer von zwei Gründern des Münchner Startups, über sein Unternehmen und die nächsten Pläne gesprochen.

Munich Startup: Für alle, die Euch nicht kennen: Erzähl bitte in ein paar Sätzen, was Hotelbird macht.

Juan A. Sanmiguel: Hi, mein Name ist Juan und ich bin Mitbegründer und CEO von Hotelbird. Mit Hotelbird digitalisieren wir die Hotelbranche und machen die Kundenreise für Hotelgäste einfacher denn je. Unsere Technologie erlaubt es Hoteliers, wiederkehrende und zeitraubende Rezeptionsaufgaben zu digitalisieren. Mit unseren Produkten checken Gäste bequem und kontaktlos im Hotel ein und aus, füllen den Meldeschein digital aus, öffnen die Zimmertür mit ihrem Smartphone und bezahlen am Ende ihres Aufenthalts ihre Rechnung mobil. Wir sind die digitale Rezeption für jeden Gastgeber!

Munich Startup: Die Corona-Krise hat die Hotelbranche heftig erwischt. Wie ist es Euch ergangen?

Juan A. Sanmiguel: Die Hotellerie befindet sich in einer tiefen Krise. Das wird durch zahlreiche temporäre oder endgültige Schließungen von Hotels schmerzhaft spürbar. Momentan lässt sich auch nur schwer prognostizieren, wie es mit der Hotelbranche weitergeht, angesichts weiterhin bestehender Einschränkungen und Reisewarnungen. Die Hotellerie leidet immer noch unter einem enormen Gästerückgang.

Dennoch haben wir es in dieser schwierigen Zeit geschafft, die Nachfrage nach unseren digitalen Lösungen zu steigern. Das hat mehrere Gründe. Hoteliers sind jetzt aufgefordert, mehr dann je auf einen kontaktlosen, hygienischen Check-in/out-Prozess umzustellen, um ihren Gästen einen sicheren Aufenthalt zu garantieren. Mit unseren Produkten ist dies einfach und schnell umsetzbar. Darüber hinaus hat die Krise Hotels einem enormen Kostendruck ausgesetzt. Sie müssen ihre Ausgaben drastisch senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch hier können wir einen erheblichen Beitrag leisten, um Kosten zu sparen.

Bei den anhaltend hohen Betriebskosten und der gleichzeitig niedrigen Auslastung fordert der Markt die Digitalisierung richtiggehend ein. Wir spüren einen tiefgehenden Mindset-Change in der Branche. Waren digitale Services an der Rezeption vor der Corona-Pandemie noch nice to have, haben sie sich inzwischen zu einem must have gewandelt. Das belegt auch das aktuelle Förderprogramm „Digital Jetzt“, das das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie kürzlich ins Leben gerufen hat. Kleine und mittelständische Unternehmen werden mit staatlichen Zuschüssen in Höhe von bis zu 50.000 Euro für ihre Investitionen in digitale Technologien unterstützt. Das ist eine große Chance und auch ein wichtiges Signal für die Hotelindustrie in Deutschland. Die Branche befindet sich in einer Zeitenwende. Hotels sollten die staatliche Finanzhilfe nutzen, um ihr Hotel zukunftsfähig zu gestalten und mit Hilfe der Förderung zu digitalisieren. Wir stehen ihnen dabei vom Antrag bis zur Ausschüttung kompetent zur Seite. Denn als Marktführer in Europa im Bereich digitale Check-in/out-Services sehen wir es als unsere Verpflichtung an, unsere Branche voranzubringen und Hotels in ihrem Digitalisierungsprozess zu unterstützen.

„Extremsituationen regen zum Nachdenken an“

Munich Startup: Ein gutes Vierteljahr vor Ausbruch der Krise habt Ihr noch eine Finanzierungsrunde mit 3,5 Millionen Euro abschließen können. Wie wichtig war diese Finanzspritze im Rückblick für Hotelbird?

Juan A. Sanmiguel: Die Unterstützung durch unsere Investoren war und ist enorm wichtig für unser Unternehmen und unser weiteres Wachstum. Die Finanzspritze hat uns gerade in diesen turbulenten Zeiten Sicherheit gegeben. Wir konnten zum Beispiel unser Team mit neuen, erfahrenen Mitarbeitern verstärken.

Die Möglichkeit einer Pandemie hat natürlich kein Unternehmen oder Startup in seiner Budgetplanung in Betracht gezogen. Deshalb hatten einige bekannte Startups in der Tourismusbranche auch mit ernsthaften Liquiditätsproblemen zu kämpfen oder waren nicht in der Lage, während der Krise neue Finanzierungsrunden abzuschließen. Die unsichere Lage hat dazu geführt, dass die meisten Investoren sich zurückgezogen haben, um die Entwicklung am Markt zunächst zu beobachten. Für uns bedeutete der Abschluss der Seed-Finanzierung, dass wir uns nicht um die Liquidität des Managements kümmern mussten, sondern uns voll und ganz auf das Krisenmanagement konzentrieren konnten.

Rückblickend ist Liquidität natürlich ein wichtiger Faktor, aber einen noch höheren Stellenwert nehmen die Investoren ein, die uns in diesen schwierigen Zeiten mit ihrem Knowhow und ihrer Erfahrung zur Seite standen. Sie konnten uns stets professionell beraten und uns dabei unterstützen, die Krise erfolgreich zu bewältigen und gestärkt aus ihr hervorzugehen.

Extremsituationen wie diese regen immer zum Nachdenken an. Wir haben in der Krise erkannt, auf welche Partner und Investoren wir uns wirklich verlassen können. Zusammen mit unseren Investoren Apeiron, BayBG, Bitstone Capital und Hannoverfinanz bilden wir eine starke Mannschaft, die uns auch von anderen Marktteilnehmern abhebt.

Munich Startup: Der Hotelaufenthalt wird mit Digitalisierungslösungen wie der Euren ja etwas unpersönlicher – Gäste checken sich selbst ein und der Kontakt zum Hotelpersonal wird reduziert. Geht mit dem technischen Fortschritt in Deinen Augen kulturell etwas verloren?

Juan A. Sanmiguel: Dem können wir entschieden widersprechen. Der Hotelaufenthalt bleibt bzw. wird noch persönlicher als zuvor! Durch unsere Technologie können Hoteliers einen viel besseren Service anbieten als mit der herkömmlichen Rezeption. Mitarbeiter können sich endlich wieder auf ihre Gäste konzentrieren und überlassen ständig wiederkehrende, fehleranfällige und kostspielige Rezeptionsaufgaben einfach der Technik. Lange Schlangen am Check-in und stressige Gästegespräche gehören damit der Vergangenheit an. Unsere Lösungen schaffen Erleichterung im Tagesgeschäft und garantieren den Hotels eine neue Planbarkeit. Schaut man sich Airlines, Car-Sharing oder Tischreservierungen an, wird jedem klar, wie die Digitalisierung den Alltag in unserem heutigen, schnellen Leben von lästigen Tätigkeiten befreit.

Und die Digitalisierung dieser aufwendigen Prozesse ist erst der Anfang. Unsere Technologie eröffnet noch viele weitere Möglichkeiten. Durch die entwickelten Schnittstellen sind wir beispielsweise in der Lage, sehr viele Daten zu generieren. Diese analysieren und werten wir mit intelligenten Methoden aus, um unsere User besser kennenzulernen. Hotels können somit einen viel besseren und personalisierten Service anbieten, weil wir aus dem Verhalten der User gelernt haben.

Insofern ist der digitale Check-in/out erst der Anfang einer langen, spannenden Reise. Wir freuen uns, die digitale Zukunft der Hotellerie mitgestalten zu können!

Hotelbird will „Marktführerschaft in Europa ausbauen“

Munich Startup: Wie sehen Eure nächsten Pläne aus?

Juan A. Sanmiguel: Die Liste unserer Pläne und Vorgaben ist tatsächlich sehr lang. Zunächst möchten wir unsere Marktführerschaft in Europa im Bereich des digitalen Check-in/out weiter ausbauen. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg.

Bislang lag unser Fokus hauptsächlich auf der Kettenhotellerie. Große Marken wie Achat Hotels, Best Western, Deutsche Hospitality, Intercontinental Hotels Group, Lindner Hotels oder Novum Hospitality sprechen eine klare Sprache. Mit weiteren Rahmenverträgen mit großen Hotelketten wollen wir unser Standing am Markt weiter ausbauen. Zusätzlich wollen wir den für uns neuen Markt der Individualhotels mit einem neuen, einfachen und preisgünstigen Produktpaket erschließen.

Wir freuen uns, dass wir die erste Serie unseres Self-Service-Terminals in Kürze an alle Kunden, die ihn vorbestellt haben, ausliefern können. Innerhalb weniger Wochen waren wir komplett ausverkauft. Parallel produzieren wir gerade eine neue Serie des Self-Service-Terminals, der eine einfache, aber elegante und kostengünstige Möglichkeit für Hoteliers ist, einen kontaktlosen und digitalen Check-in anzubieten.

Was uns antreibt ist, unser Produkt permanent zu verbessern und dabei ständig neue Wege zu finden, um die Kundenreise von Hotelgästen noch einfacher und angenehmer zu gestalten. Dazu gehört auch, dass wir unser Team kontinuierlich erweitern und mit erfahrenen Spezialisten und Managern verstärken.

Und weil das nicht genug ist, möchten wir mit Hotelbird internationalisieren. Damit schlagen wir dann ein weiteres, spannendes Kapitel auf. Der Türöffner für die Internationalisierung ist die Produktauflistung als offizieller „Digital Check-in/out Partner“ bei der Intercontinental Hotel Group (IHG). Mit der Produktauflistung bei der IHG freuen wir uns, weitere Märkte zu erschließen und unsere Marktführerschaft in Europa auszubauen.