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Betterfront: „Fundraising ist ein sehr nervenaufreibender Prozess“

Wenn VCs Fundraising betreiben, braucht das Zeit und kostet Geld: Durch die damit nötige Dokumentation und die beteiligten Anwälte und Berater kann der Prozess bis zu 15 Monate dauern und eine halbe Million Euro kosten. Und dabei wird das meiste immer noch per E-Mail und Excel erledigt. Das Münchner Startup Betterfront will das ändern und den Fundraising-Prozess verschlanken. CEO Michel Geolier beantwortet unsere sieben Fragen.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Betterfront? Stellt Euch bitte kurz vor!

Michel Geolier, Betterfront: Mein Name ist Michel Geolier, ich bin Franzose und lebe schon seit Jahren in München. Ich bin einer der drei Gründer von Betterfront und der CEO. Meine beiden anderen Mitgründer sind Pung Worathiti Manosroi, unser Chief of Product, und Sergi Case, unser CTO. Pung ist der ehemalige Co-Founder und CTO von Combyne, einer B2C-Fashion-App hier aus München, und Sergi ist ein ehemaliger Entwickler bei Check24. Und ich bin ein ehemaliger Investor bei Siemens. Ich habe früher für die Pensionskasse von Siemens in Venture-Capital-Fonds investiert. Heute sind wir acht Leute bei Betterfront, und wir werden vom HTGF unterstützt.

Pung und ich haben uns zum ersten Mal getroffen, als ich 2013 ein Investor bei Wayra war und er sein Unternehmen Combyne gründete. Wir haben überlegt, in Combyne zu investieren, und seither bin ich mit ihm in Kontakt geblieben. Und Sergi und ich haben uns vor vier Jahren kennengelernt, als wir vor Betterfront gemeinsam ein Produkt aufgebaut haben. 2019 kamen wir alle mehr oder weniger zur gleichen Zeit zusammen, da Pung Combyne verlassen hatte und sich uns anschloss, nachdem er für Pro7 gearbeitet hatte und wieder etwas Unternehmerisches machen wollte.

Die Idee zu Betterfront entstand während meiner Zeit bei Siemens, als ich erkannte, dass dort Billionen von Dollar mit Excel und E-Mail verwaltet werden. Also habe ich die Firma verlassen und wir gründeten Betterfront.

„Wir bieten eine Datenanalyse-Plattform kombiniert mit einer Fundraising-Plattform“

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Michel Geolier: Wenn VCs selbst Fundraising betreiben, ist das ein sehr nervenaufreibender Prozess, zu dem zahlreiche Meetings, intensiver Datenaustausch und viele Offline-Prozesse gehören. Ein Fondsmanager im Bereich Venture Capital oder Private Equity zu sein, bedeutet, dass im Allgemeinen die Hälfte deines Geschäfts darin besteht, Deals zu machen und in Unternehmen zu investieren, aber die andere Hälfte besteht darin, Beziehungen zu Investoren aufzubauen, ihr Vertrauen zu gewinnen und ihr Kapital einzuwerben und zu investieren. Wir kümmern uns darum und helfen Fondsmanagern und Venture-Capital-Firmen, institutionelle Investoren zu gewinnen, zu binden und zu halten. Hierfür bieten wir eine Datenanalyse-Plattform in Kombination mit einer Fundraising-Plattform, die ihnen hilft, einen sehr schlanken Fundraising-Prozess zu haben, mit dem Ziel, immer stärkere und gesunde Beziehungen aufzubauen.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Michel Geolier: Heutzutage ist der Prozess mehr oder weniger derselbe wie vor 20 Jahren. Das Problem für VCs ist, dass sie potenziellen Investoren eine Menge Informationen liefern müssen, ohne zu wissen, was die Investoren mit all diesen Informationen anstellen. Sie geben all ihre Unterlagen und Informationen weiter, erhalten aber keinerlei Rückmeldung darüber, an welchen Teilen tatsächlich Interesse besteht. Dieses Problem lösen wir mit unserer Software. Wenn also ein Fondsmanager zu uns kommt und unsere Software für das Fundraising nutzt, müssen wir verstehen, wie potenzielle Investoren ihn und seine Daten betrachten, wie sie die Daten analysieren und wie sie ihren Fonds im Vergleich zu seinen Konkurrenten positionieren. Und dann müssen wir diese Erkenntnisse, Daten und Erfolgsbilanz mit ihrer eigenen Geschichte verbinden. Außerdem helfen ihnen natürlich, diese Geschichte zu verbreiten und ihr Engagement zu messen und zu verfolgen, was funktioniert und was nicht. Und all das ist völlig neu auf dem Markt.

Betterfront arbeitet mit der Wayra-Community zusammen

Munich Startup: Was war bisher Eure größte Herausforderung?

Michel Geolier: Wir sind ein kleines Unternehmen und haben nicht viele Ressourcen, also müssen wir immer die Prioritäten im Produkt verstehen. Es können viele großartige Dinge passieren, wenn wir unsere Ressourcen auf eine Sache konzentrieren und sie richtig machen, indem wir einen genauen Painpoint lösen. Unsere größte Herausforderung war also immer zu verstehen, was dieser Painpoint ist, wo die Probleme liegen und welches Produkt wir heute, in einer Woche, in einem Monat, in einem Jahr und so weiter bauen sollten. Aber wir hatten die Chance, am Anfang unseres Weges Teil der Wayra-Community von Unternehmern zu sein und so konnten wir uns jedes Mal, wenn wir etwas Kleines oder Großes hatten, auf diese Community verlassen und sie hat uns geholfen.

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Michel Geolier: In einem Jahr werden unsere Kunden in der Lage sein, den gesamten Fundraising-Prozess mit Betterfront abzuwickeln, von Anfang bis Ende. Heute ist das ein Prozess, der eine Menge Dokumentation, CFOs, Anwälte, Berater, viele Anbieter und sehr viel Papierkram benötigt. Die durchschnittliche Fundraising-Zeit beträgt 15 Monate und dieser ganze Prozess ist ziemlich teuer, er kann bis zu einer halben Million kosten. Unsere Idee ist es, diesen Prozess besser, kürzer und schlanker zu gestalten, damit du nicht so viel Zeit mit dem Fundraising verbringen musst. Das bedeutet, dass du früher mit dem Investieren beginnen kannst, du kannst mehr mit Gründern arbeiten und du kannst einen besseren Wert schaffen, was dir alles wiederum bei der Einrichtung deines nächsten Fonds helfen wird.

„Unsere Vision ist es, die zentrale Anlaufstelle für deine Investoren zu werden“

Wenn du fünf Jahre in die Zukunft schaust, ist unsere Vision, die einzige Anlaufstelle für deine Investoren zu werden. Wenn du also einen Fonds auflegen musst – sei es Private Equity, Immobilien, Private Debt, Infrastruktur, Kredit oder irgendetwas anderes – werden wir dir helfen, starke langfristige Beziehungen zu diesen Investoren aufzubauen und den Datenaustausch zu straffen.

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Michel Geolier: Ich habe als Student angefangen und habe meinen Master hier in München gemacht, ich habe hier mehrere Jahre im Investmentbereich gearbeitet und jetzt bin ich Gründer in München, also habe ich die Chance bekommen, die Stadt aus jeder Perspektive zu erkunden. Hier in München gibt es gute Universitäten, viele Finanzierungsmöglichkeiten, viele DAX-Unternehmen, Startups und Einhörner – du hast also wirklich einen schönen und attraktiven Ort zum Leben und Arbeiten, das ist keine Frage. Für unser Startup war das ein Vorteil, wir haben hier einige Investoren und München hat einen guten internationalen Ruf.

Munich Startup: Früh aufstehen oder die Nacht durchmachen?

Michel Geolier: Was auch immer nötig ist. Als Gründer muss man tun, was man tun muss. Ich neige also dazu, früh aufzustehen, aber wenn ich tagsüber nicht alle Arbeiten erledigen kann, dann sind es auch lange Nächte. Ein Unternehmen aufzubauen ist hart, also muss man tun, was nötig ist.