Die Spanflug-Gründer Johannes Schmalz, Markus Westermeier und Adrian Lewis (v.l.).
Foto: Spanflug

Spanflug: Individuelle Fertigungsteile für die Industrie

Das Münchner Startup Spanflug automatisiert die Beschaffung in der Fertigungsindustrie. Mittels einer Plattform vernetzt das 2018 gegründete Unternehmen Kunden mit Lieferanten. Wir konnten einem der drei Gründer, Markus Westermeier, unsere 7 Fragen stellen.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Ihr? Stellt Euch bitte kurz vor!

Markus Westermeier: Wir sind Markus Westermeier (36), Adrian Lewis (35) und Johannes Schmalz (35), die drei Gründer des Startups Spanflug Technologies.

Johannes und ich waren 2016 Promotionskollegen am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) an der Technischen Universität München (TUM). Johannes war im Bereich Montagetechnik und Robotik tätig. Ich war zu dieser Zeit Gruppenleiter im Bereich Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik am iwb. Die ursprüngliche Unternehmensidee, die Kalkulation von Fertigungsteilen zu automatisieren, entstand während meiner Tätigkeit als Geschäftsführer eines Lohnfertigungsbetriebs. Allerdings fehlte mir der Hintergrund bezüglich der Analyse von CAD-Daten. Hier kam Johannes ins Spiel. Er hatte sich mit diesem Thema beschäftigt und konnte sein Wissen bezüglich der Verarbeitung von CAD-Daten einbringen. Wir führten erste Machbarkeitsstudien durch und suchten uns hierzu Unterstützung von Studenten. Einer dieser Studenten von damals ist Lucas Giering, inzwischen Head of Product bei Spanflug. Als die Machbarkeitsstudien mit den ersten Prototypen sehr gut funktionierten, trauten wir uns zu, das Gesamtproblem zu lösen. Um dieses Vorhaben umsetzen zu können, benötigten wir Unterstützung in der Softwareentwicklung, da unsere Expertise als Maschinenbau-Ingenieure für dieses komplexe Vorhaben nicht mehr ausreichte. Aus dem Netzwerk von Johannes sind wir auf Adrian gestoßen und mit ihm ins Gespräch gekommen. Adrian hatte 2014 an der University of Oxford in experimenteller Teilchenphysik promoviert. Von unserer Gründeridee und unserem Vorhaben war Adrian direkt begeistert, sodass er sich unserem Gründerteam anschloss. Das derzeitige Management-Team der Spanflug GmbH bilden Adrian als CTO und ich als CEO.

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Markus Westermeier: Kurz und knapp gesagt automatisieren wir den Beschaffungsprozess für individuelle Fertigungsteile. Dies gelingt uns durch eine Beschaffungsplattform in Verbindung mit einem Algorithmus, der automatisiert die CAD-Dateien und technischen Zeichnungen verarbeiten kann. Damit kann der gesamte Prozess sowohl für Einkäufer als auch Lieferanten automatisiert und beschleunigt werden.

Spanflug: „Wir sehen uns als Deeptech-Startup“

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Markus Westermeier: Mittlerweile gibt es Mitbewerber, die diesen Grundgedanken auch umsetzen. Allerdings hat es bisher kein anderes Startup oder etabliertes Unternehmen geschafft, im Bereich der CNC-Fertigung einen vergleichbaren Automatisierungsgrad und eine vergleichbar große technische Bandbreite zu erreichen. Spanflug verbindet beispielsweise die automatisierte Auswertung der CAD-Daten und der technischen Zeichnung. Die Herstellung dieser Verbindung ist sehr wichtig, um wirklich alle technischen Details wie z. B. Fertigungstoleranzen im automatisierten Prozess zu berücksichtigen. Das macht sonst niemand in der Form.

Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?

Markus Westermeier: Die größte Herausforderung war definitiv die Lösung unseres technischen Problems. Deswegen sehen wir uns als Deeptech-Startup. Unser technisches Problem ist die automatisierte Vorhersage der Fertigungsaufwände und das Ableiten marktgerechter Angebotspreise für die CNC-Fertigung. Die Lösung dieser Herausforderung und die stetige Weiterentwicklung unserer Technologie differenziert uns heute von unseren Wettbewerbern.

Sehr viel Zeit haben wir außerdem in die Ausarbeitung unseres Geschäftsmodells als Plattform zwischen Kunden und Lieferanten gesteckt. Gerade die rechtlichen Aspekte stellten hierbei eine weitere Herausforderung dar.

Spanflug wächst momentan sehr schnell. Ende 2020 hatten wir 10 Mitarbeiter. Bis zum Ende des Jahres möchten wir unser Team auf etwa 30 Mitarbeiter vergrößern. Momentan suchen wir in allen Unternehmensbereichen insbesondere im Vertrieb und in der Produktentwicklung neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. SoftwareentwicklerInnen zu finden, die für unseren Bereich relevante Expertise mitbringen, ist dabei besonders schwierig. Aber wir kommen gut voran und konnten in den letzten Monaten schon einige neue Teammitglieder gewinnen. Wir freuen uns auf Bewerbungen in allen Unternehmensbereichen.

Auch das Onboarding und Zusammenfinden als Team mitten in der Corona-Pandemie ist definitiv eine Herausforderung. Aber wir hoffen, dass wir in den nächsten Monaten wieder in einen normalen Betriebsmodus mit Face-to-Face-Meetings, gemeinsamen Mittagessen und tollen Teamevents zurückkehren können.

„Wir haben definitiv vor, zur marktführenden Plattform zu werden“

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?

Markus Westermeier: Die Geschäfte laufen sehr gut. Mittlerweile haben wir ein Fertigungsnetzwerk aus etwa 100 Partnern. Wir konnten über 10.000 User und mehr als 1.000 Kunden gewinnen, davon mehr als die Hälfte wiederkehrende Kunden. Wir sind froh, dass wir trotz Corona im letzten Jahr ein starkes Wachstum erzielen konnten und die Aussichten auf 2021 überaus positiv sind.

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Markus Westermeier: München ist definitiv ein attraktiver Standort, gerade für Startups. Klar gibt es ein paar Downsides wie hohe Mietpreise und hohe Personalkosten, auf der anderen Seite gibt es hier ein sehr spannendes Ökosystem aus Startups, Universitäten und Technologieunternehmen. Auch die UnternehmerTUM leistet hier aus unserer Sicht einen entscheidenden Beitrag. Wir wurden nach unserer Gründung vom Inkubator Xpreneurs gefördert und haben davon sehr profitiert.

Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star?

Markus Westermeier: Spanflug ist im industriellen Bereich aktiv und liefert ausschließlich an Geschäftskunden. Wir haben keine Produkte und Dienstleistungen, die Konsumenten adressieren, und sind somit auch noch nicht jedem ein Begriff. Der Markt für individuelle Fertigungsteile umfasst immerhin ein Umsatzvolumen von 170 Milliarden Euro pro Jahr in der EU. Wir haben definitiv vor, hier dauerhaft den besten Beschaffungsprozess anzubieten und so zur marktführenden Plattform zu werden.