Agrando-Gründer Jonathan Bernwieser auf seinem Hof.
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Agrando: „Wir machen regionale landwirtschaftliche Strukturen zukunftsfähig“

Das Münchner Agtech-Startup Agrando arbeitet mit seiner Plattform an der Digitalisierung der Landwirtschaft. Der Gründer Jonathan Bernwieser erklärt im Interview, wie seine Lösung funktioniert und warum er sein Startup zweimal gründen musste.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Agrando? Stellt Euch bitte kurz vor!

Jonathan Bernwieser, Agrando: Ich bin Jonathan Bernwieser, 32, aufgewachsen auf einem Hof südlich von München und habe Wirtschaftsinformatik an der TU München studiert. Unser Gründerteam hat fünf Mitglieder, die Expertise aus den Bereichen Landwirtschaft, VC und Impact mitbringen.

Wir machen regionale landwirtschaftliche Strukturen zukunftsfähig, indem wir alle Marktteilnehmer entlang der Wertschöpfungskette miteinander vernetzen und die Zusammenarbeit stärken: Landwirtschaftliche Betriebe können Betriebsmittel wie Saatgut und Pflanzenschutzmittel einkaufen – passgenau für ihren Standort bei Händlern in ihrer Region. Händler und Hersteller von Betriebsmitteln wiederum nutzen Agrando beispielsweise als zusätzlichen Verkaufskanal oder zum Einstieg in den Onlinehandel.

Munich Startup:  Welches Problem löst Euer Startup?

Jonathan Bernwieser: Der Druck gerade auf kleinere landwirtschaftliche Unternehmen nimmt immer weiter zu. Sie haben wenig Spielraum für wichtige Investitionen oder gar das Ausprobieren neuer Technik und Methoden. Agrando unterstützt sie darin, gute unternehmerische Entscheidungen zu treffen und ihre Höfe trotz der steigenden Komplexität zukunftsfähig aufzustellen.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Jonathan Bernwieser: Nein, in dieser Kombination nicht. Wir bieten nicht nur eine Handelsplattform, sondern auch persönliche, strategische Unterstützung für den Ein- und Verkauf. Wir bilden sowohl den klassischen Anfrage-Angebots-Prozess ab als auch den bequemen Direktkauf. In jeder Produktkategorie gibt es unterschiedliche Filter und Optionen. Unsere Lösung ist genauso vielfältig wie die Landwirtschaft und der Agrarhandel selbst.

„Ich habe Agrando zweimal gegründet“

Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?

Jonathan Bernwieser:

a. Unsere Werte während des starken Wachstums in den letzten Monaten zu bewahren.
b. Im selben Tempo, wie man als Unternehmen wächst, die passenden A-Player zu finden.
c. Die gesamte Komplexität der Agrarhandelsstrukturen abzubilden: Das wahre Problem für Ineffizienzen zu identifizieren und dafür die richtige Lösung zu finden, war eine der größten Herausforderungen. Ich habe Agrando zweimal gegründet. Die erste Idee einer einfachen Vermittlungsplattform, auf der Landwirte Bestellanfragen für Betriebsmittel erstellen können, erwies sich als nicht profitabel und vor allem nicht international skalierbar. Auch alle anderen Geschäftsmodelle, die wir am Markt probiert haben, waren nicht passend. Also haben wir 2017 ganz von vorn angefangen und alle Erfahrungen in das heutige Konzept von Agrando gesteckt – und es funktioniert!

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?

Jonathan Bernwieser: Auf der Plattform registrieren sich jeden Monat neu rund 1.000 Landwirte (Gesamtzahl registrierte Landwirte: über 20.000). Das Agrando-Team hat sich im Bezug auf die Mitarbeiterzahl seit der Gründung jedes Jahr verdreifacht und heute haben wir 170 MitarbeiterInnen. 2020 wurde die Expansion nach Österreich vollzogen und 2021 erfolgte der Marktstart in Frankreich.

Der gesamte Agrarhandel steht aktuell vor der digitalen Transformation: 10,5 Millionen Agrarbetriebe in Europa versorgen 510 Millionen Verbraucher. Marktstudien gehen dabei davon aus, dass der online stattfindende Agrarhandel bis 2025 bis zu zehn Milliarden Euro schwer sein wird.

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Jonathan Bernwieser: Wir sehen München als sehr guten Standort: Er ist technisch stark aufgestellt und umgeben von sowie angebunden an zahlreiche landwirtschaftliche Unternehmen. Die Top-Universitäten in München und Umgebung ziehen zudem Talente an.

Munich Startup: Tee oder Kaffee?

Jonathan Bernwieser: Kaffee.