Das Gründerteam von Silberfluss (v. l. n. r.): Felix Füssel, Jan Jakob, Lukas Ballweg und Nils Lißner
Foto: Silberfluss

Silberfluss: Legaltech für komplette Mandatsabwicklung in Kanzleien

Die Gründer von Silberfluss, Felix Füssel, Jan Jakob, Lukas Ballweg und Nils Lißner, wollen Kanzleien dabei helfen, mehr Mandate effektiver bearbeiten zu können. Dafür haben sich die Legal-Tech-Experten, Softwareentwickler und Wirtschaftsinformatiker zusammengetan und eine Software für Kanzleimanagement entwickelt. Aber auch die öffentliche Verwaltung könnte von der Lösung profitieren.

Munich Startup: Was macht Silberfluss? Welches Problem löst Ihr?

Lukas Ballweg, Silberfluss: Wir bauen eine Automatisierungsplattform, mit der Anwaltskanzleien mehr Mandate bearbeiten können. Viele Kanzleien haben die Herausforderung, dass sie nicht genügend Rechtsanwaltsfachangestellte finden, um zu wachsen oder um die bestehenden Mandate zu bearbeiten.

Unsere Lösung unterstützt diese Kanzleien in der Mandatsabwicklung. Ein Beispiel dafür ist die Abwicklung eines Unfalls in einer Verkehrsrechtskanzlei. Von der Erfassung und Einordnung des Sachverhalts über die Erstellung verschiedener Schreiben und Schriftsätze an Versicherungen und Polizei bis hin zur Koordination mit Gutachtern und sonstigen Beteiligten übernimmt Silberfluss viele Aufgaben, die ansonsten den Kanzleimitarbeitenden eine Menge Zeit rauben.

Unser Interviewpartner, Lukas Ballweg von Silberfluss.

Nach ein paar Anfragen aus dem öffentlichen Bereich haben wir gemerkt, dass auch hier unsere Lösung gut passt und ein Problem löst. Mittelfristig möchten wir auch die öffentliche Verwaltung und Justiz dabei unterstützen, Verfahren schneller und bürgerzentrierter zu bearbeiten. Erste Pilotprojekte sind bereits in Planung.

Pilotprojekte für öffentliche Verwaltung und Justiz

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Lukas Ballweg: Leider nicht. Von anderen Prozessautomatisierungen im Kanzleibereich unterscheidet uns vor allem, dass wir Kanzleien in der kompletten Mandatsabwicklung unterstützen und das über verschiedene Rechtsbereiche hinweg. Bestehende Lösungen, die sich in das Kanzlei-Ökosystem einfügen, helfen meist nur bei einer speziellen Nischen-Aufgabe.

Im öffentlichen Bereich unterscheidet uns, dass wir sowohl Frontoffice (der Kontaktpunkt zu Antragsstellenden) und Backoffice (die verwaltungsinternen Prozesse) in einer Lösung abbilden und sich alles über eine No-Code-Oberfläche konfigurieren lässt. Das bietet den entscheidenden Vorteil, dass sich digitale Ende-zu-Ende-Prozesse schneller und einfacher ohne Medienbrüche umsetzen lassen und nicht nur ein spezieller Prozessschritt digitalisiert wird.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Lukas Ballweg: Wir sind ein vierköpfiges Gründerteam und kennen uns größtenteils über die Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw). Über eine Gründerinitiative der sdw haben wir die ersten Schritte hin zu Silberfluss entwickelt. Ich selbst habe Informatik mit Nebenfach Jura studiert und daher schon einige Projekte im LegalTech Bereich gemacht. Dadurch ist auch die Idee für Silberfluss entstanden. Wir arbeiten nun schon seit über zwei Jahren an Silberfluss. Seit etwa einem Jahr arbeiten wir in Vollzeit an Silberfluss, seit die meisten von uns mit dem Studium fertig waren.

Die Frage nach Commitment und Risiko

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Lukas Ballweg: In der Anfangsphase hat es gedauert, bis wir als Team abgestimmt hatten, was unsere langfristigen Ziele, Erwartungen, Motivation sind und wie viel Commitment und Risiko wir bereit sind einzugehen. Das war kein leichter Prozess, da die Vorstellungen doch extrem weit auseinandergingen. Doch es hat uns mittlerweile zu einem perfekt funktionierenden Team gemacht.

Die letzten Jahre waren vor allem ein immenser Lernprozess, an dem wir immer wieder an unsere Grenzen kommen. Gerade die Rückmeldungen in der Anfangsphase haben uns gelehrt, jeden Tag tiefer in Bedürfnisse und Herausforderungen unserer Kunden einzutauchen und zu verstehen – und so einen wirklichen Mehrwert zu liefern.

Silberfluss: „Wir sind zufrieden“

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte? 

Lukas Ballweg: Wir sind zufrieden. Seit wir unsere ersten Pilotkunden vor einem Jahr gewonnen haben, konnten wir kontinuierlich wachsen. Aktuell arbeiten wir mit einer niedrigen zweistelligen Zahl an Anwaltskanzleien zusammen. Unsere Kunden erreichen durch Silberfluss eine Zeitersparnis von bis zu 90 Prozent bei der Mandatsabwicklung im Bereich Massenverfahren. Durch Kooperationen werden dieses Jahr voraussichtlich noch einige hundert Anwaltskanzleien hinzukommen.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Lukas Ballweg: Bei der Bewerbung für das Exist-Gründerstipendium hatten wir die Wahl, ob wir uns über die Uni Heidelberg oder die Hochschule München bewerben. Schlussendlich entschieden wir uns für München. Das war eine bewusste Entscheidung. Denn München verfügt über ein starkes Startup- als auch Investorennetzwerk und wir hatten auch zuvor schon intensive Unterstützung von der Hochschule München bekommen. In der Startup-Förderung legt sich München schon merklich ins Zeug. Außerdem sind in München die Berge näher, was für mich persönlich ein zusätzlicher Grund für unsere Standortwahl war.

Munich Startup: Öffis oder Fahrrad?

Lukas Ballweg: Ganz klar Fahrrad, aber nur wenn dafür in der U-Bahn noch ein Stellplatz frei ist. 

Helen Duran

Als Redakteurin ist die Wirtschaftsgeografin Helen Duran seit 2015 für Euch in der hiesigen Gründerszene unterwegs. Sie ist neugierig auf Eure spannenden Startup-Geschichten!

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