Foto: Raimar von Wienskowski

Die Datenschutz-Helfer – 7 Fragen an… Usercentrics!

Das Münchner Startup Usercentrics wurde Anfang dieses Jahres gegründet und hat sich schnell als Marktführer im Bereich Consent-Management-Plattformen (CMP) etabliert. Die Software-as-a-Service-Lösung ermöglicht es, auf Webseiten von Nutzern deren Einwilligung zur Datenverarbeitung datenschutzkonform einzuholen, zu verwalten und zu dokumentieren. Mit ihrer Technologie traf das Jungunternehmen 2018 aufgrund der neuen DSGVO bei ihren Kunden auf offene Ohren, erhielt eine Millionen-Finanzierung und beschäftigt aktuell über 20 Mitarbeiter. Unsere 7 Fragen beantworten die drei Usercentrics-Gründer abwechselnd.

1. Wer seid Ihr und was macht Ihr?

Mischa Rürup (CEO): Anfang 2018 haben wir Usercentrics in München gegründet. Begonnen hat alles, als ich über das Netzwerk meines damaligen Werbetechnologie-Unternehmens intelliAd Vinzent Ellissen (CTO) kennengelernt habe. Vinzent hat einen technischen Hintergrund mit einem starken Fokus auf Datenschutz. Später ist dann Lisa Gradow (CPO) hinzugestoßen, die als studierte Juristin nicht nur ein großes rechtliches Wissen mitbringt, sondern vorher auch eine App für DSGVO-Endkundenrechte entwickelt hat. Wir hatten alle vor unserer Gründung schon Berührungspunkte mit der Verarbeitung von Daten und waren uns daher schnell einig, dass der Umgang mit Daten jetzt und in Zukunft ohne vernünftigen Datenschutz nicht denkbar ist. Aus diesem Grundgedanken heraus ist Usercentrics geboren.

Vinzent Ellissen: Mit Usercentrics können Unternehmen die technischen Herausforderungen der Datenschutz-Grundverordnung bewältigen. Wir sind eine Software-as-a-Service-Lösung, die Webseiten-Betreibern ermöglicht, die Einwilligung (eng. Consent) der Besucher zum Sammeln und weiteren Verarbeiten ihrer Daten einzuholen, um diesen beispielsweise Werbung auszuspielen. Dafür haben wir eine sogenannte Consent-Management-Plattform (CMP) entwickelt.

Usercentrics will „Internetnutzer nicht irritieren“

2. Aber das gibt’s doch schon längst!

Vinzent Ellissen: Was wir mit unserem Produkt in erster Linie erreichen wollen, ist das Bindeglied zwischen Unternehmen und Internetnutzer zu sein. Wir verbinden die Interessen beider Seiten: die Unternehmen, die für ihr Geschäft auf die Nutzung von Userdaten angewiesen sind und die Nutzer, die mehr Transparenz und Kontrolle bei den Daten einfordern.

In der Praxis besucht ein Internetnutzer eine Webseite und wird dort mit einem Cookie-Banner oder Pop-up von Usercentrics darüber informiert, dass und welche personenbezogenen Daten ein Seitenbetreiber sammeln möchte und zu welchem Zweck. Der User hat dann die Möglichkeit, dem zuzustimmen oder es abzulehnen. Diese Entscheidung kann später über unser Tool auch jederzeit abgeändert werden. Dafür muss der Nutzer die Seite auch nicht verlassen, denn der Privacy Button von Usercentrics ist immer ansteuerbar und es genügen wenige Klicks, um die Einstellungen einzusehen. Ein für uns ganz wichtiger Faktor ist, den Internetnutzer nicht zu irritieren. Aus diesem Grund ist das Design und die Optik auch auf die jeweilige Webseite angepasst. Unsere Kunden haben maximale Flexibilität, wie sie Usercentrics einsetzen und gestalten. Wir sind keine statische Lösung.

Die DSGVO und Panik am Markt: Usercentrics konnte schnell skalieren

3. Was war Eure bisher größte Herausforderung?

Lisa Gradow: Kurz vor dem 25. Mai, als die DSGVO in Kraft trat, herrschte große Panik im Markt. Dementsprechend wurden wir von dem Ansturm überrumpelt und kamen operativ wie technisch an unsere Grenzen. Wir mussten schnell reagieren und unsere Plattform sowie das Team skalieren, um alle Kunden zu bedienen und erfolgreich onzuboarden. Das hat uns aber auch gezwungenermaßen schneller vorangebracht. Man kennt das ja, unter hohem Druck schafft man auf einmal Dinge in viel kürzerer Zeit. Mittlerweile sind wir ca. 20 Leute und alles läuft in gelenkten Bahnen und Prozessen, was definitiv ein angenehmeres Arbeiten ist. Wenn die (nächste) Abmahnwelle kommt oder ein entscheidendes Urteil nochmal zu Panik im Markt führt, sind wir vorbereitet.

Geplant: Series A zur internationalen Expansion

4. Butter bei die Fische: Wie läuft das Geschäft?

Mischa Rürup: Unsere Gründung liegt noch kein Jahr zurück und wir konnten vor einiger Zeit schon erfolgreich unsere erste Finanzierungsrunde abschließen und gehen nun bald ins Fundraising für die Series A. Wir sind zwar schon fast break-even, wollen das Kapital aber verwenden, um die schnelle Expansion in weitere europäische und insbesondere den amerikanischen Markt zu finanzieren.

Anfang 2019 werden wir mit dem staatlichen German Accelerator Programm den US-Markteinstieg wagen und dort ein eigenständiges Team aufbauen. Die USA ist für uns ein wichtiger Markt, da die DSGVO ein extraterritoriales Gesetz ist, also für alle Firmen der Welt gilt, die europäische Kunden bzw. Nutzer haben. Darunter fallen natürlich auch viele US-Firmen. Außerdem tritt Anfang 2020 in Kalifornien ein neues Datenschutzgesetz in Kraft und auch auf Bundesebene gibt es Bemühungen für eine neue Regulierung der Daten.

5. Was bedeutet München für Euch?

Vinzent Ellissen: Wir alle drei waren zuvor auch schon aktiv in der Gründerszene und haben das Ökosystem mitentwickelt. Wir fühlen uns hier wohl und möchten auch weiterhin dazu beitragen, dass München als Startup-Hub wächst und gedeiht. Datenschutz, Sicherheit und Privatsphäre passen außerdem gut zu Bayern und München. Nicht umsonst findet hier die politisch bedeutendste Sicherheitskonferenz statt.

Anderswo sind die Leute ‚hungriger‘

Lisa Gradow: Wir haben das Glück, ein ganz tolles Büro am Viktualienmarkt gefunden zu haben. Im 5. Stock sind wir quasi auf Augenhöhe mit dem ‘Löwenturm’ am Rindermarkt, dem letzten verbliebenen Stück der Stadtmauer, die von Heinrich dem Löwen im 12. Jahrhundert errichtet wurde. Diese besondere Energie des Ortes spürt man in unserem Büro, weswegen wir auch eine ähnliche rote Backsteintapete angebracht haben, um uns diese Stärke sozusagen ‘ins Haus zu holen’.

Was wir in München jedoch vermissen, ist Internationalität von Talent und eine gewisse ‘Hustler-Mentalität’. Vielen ist die Work-Life-Balance sehr wichtig, das hemmt natürlich die Dynamik. In anderen Städten wie Berlin, London oder New York sind die Leute hungriger, ‘hustlen’ mehr — das steckt an und treibt einen selbst zu neuen Höhen.

„Datenschutz ist ‘the new normal’“

6. Wie wird Euer Startup zum nächsten Unicorn? Oder sehen wir uns bald auf der Epic Fail Night?

Lisa Gradow: Es ist einfach nicht von der Hand zuweisen, dass die Datenschutz-Grundverordnung wichtige Grundprinzipien etabliert und gekommen ist, um zu bleiben. Auch wenn es sich diesbezüglich aktuell eher nach Ruhe vor dem Sturm anfühlt, gibt es schon vereinzelt erste DSGVO-Klagen und Urteile gegen Unternehmen. Die oberste britische Datenschutzbehörde hat sogar schon ein kanadisches Unternehmen ohne Sitz in der EU abgemahnt. Außerdem stehen mit der ePrivacy-Verordnung noch strengere Regelungen zum Schutz der Verbraucher und ihrer Daten im Internet schon in den Startlöchern. Kalifornien, Indien und weitere Länder gehen einen ähnlichen Weg. Datenschutz ist quasi ‘the new normal’.

Mischa Rürup: Unternehmen, die das schnellstmöglich akzeptieren und mit Weitblick an der technischen Umsetzung arbeiten, sind für die kommenden Herausforderungen gewappnet. Wir als Usercentrics werden ihnen mit innovativen und pragmatischen Lösungen zur Seite stehen.

7. Wandern oder Biergarten?

Hier sind sich alle drei Gründer einig: Wandern mit ausgiebiger Pause auf der Hütten und einem kühlen Bier!