Foto: KfW-Bildarchiv / Thorsten Futh

VC-Geschäftsklima: Hohe Erwartungen bei noch immer schlechter Lage

Einmal im Quartal erhebt die Förderbank KfW Daten zum Geschäftsklima für das German Venture Capital Barometer. Die aktuelle Analyse zeigt: Die Stimmung bessert sich stetig trotz weiterhin angespannter Lage, die Erwartungen für zukünftige Geschäfte sind hoch. Der große Optimismus birgt allerdings auch ein Rückschlagpotenzial.

Das Geschäftsklima auf dem deutschen Venture-Capital-Markt hat sich zum Halbjahr 2023 erneut verbessert. Der Geschäftsklimaindikator im Risikokapital-Segment steigt um 12,4 Zähler auf -22,2 Punkte. Der Stimmungseinbruch zum Jahresende 2022 ist damit annähernd wieder wettgemacht.

Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage verharrt allerdings auf sehr niedrigem Niveau, während die Geschäftserwartungen zum zweiten Mal in Folge deutlich positiver beurteilt wurden. Der Indikator für die aktuelle Geschäftslage erhöht sich leicht auf -40,1 Punkte (+6,1 Zähler), der Indikator für die Geschäftserwartung klettert auf -4,4 Punkte (+18,8 Zähler). Weil die Geschäftserwartungen der Geschäftslage vorauseilen, war der Erwartungsüberhang noch nie größer als jetzt. Dieser Optimismus ist zwar erfreulich, sollten die Erwartungen jedoch länger unerfüllt bleiben, könnte das zu einer Gegenbewegung und einem erneuten Einbrechen des Geschäftsklimas führen.

Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, sagt:

„Mir erscheint zentral, dass wir unseren Vergleichsmaßstab neu justieren. Das Jahr 2021 war ein Ausreißer. Die Entwicklung davor ist der richtige Maßstab und gemessen daran, liegen die VC-Investitionen der letzten beiden Halbjahre genau im Trend. Für die weitere Entwicklung für Venture Capital in Deutschland kann man daher optimistisch sein.“

Geschäftsklima: Zuversicht ist zurück

Auch bei der Beurteilung wichtiger Faktoren zeigt sich der neue Optimismus. So fallen sowohl beim Fundraising, beim Exitumfeld als auch bei der Investitionsbereitschaft die Erwartungen deutlich positiver aus als die Lagebeurteilung. Am extremsten ist diese Entwicklung beim Fundraising. Während Lage und Erwartungen im ersten Quartal noch ähnlich beurteilt wurden, knickt die Lagebeurteilung im zweiten Quartal auf ein neues Allzeittief ein. Dagegen zieht die Beurteilung der Erwartungen kräftig an.

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Neuinvestitionsklima. Insbesondere die Beurteilung der aktuellen Lage hat sich dort erneut verschlechtert, die Erwartungen bleiben aber nach wie vor im positiven Bereich. Die InvestorInnen haben sich 2023 also offenbar mit Neuinvestitionen eher zurückgehalten, gehen aber von einer steigenden Investitionstätigkeit für den Rest des Jahres aus.

Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften, kommentiert:

„Nach einem überaus schwierigen Jahr 2022 ist der Optimismus bei den Venture Capital-Investoren zurückgekehrt. Dieser ist sicher noch fragil, aber man blickt VC-typisch wieder deutlich hoffnungsvoller in die Zukunft. Zwar blicken die VCs weiter kritisch auf wichtige Rahmenbedingungen wie Zinsniveau, Konjunktur, Exit- und Fundraising-Umfeld. Dies belastet aber die allgemeine Stimmung und insbesondere die Erwartungen nicht mehr so stark wie noch Ende des letzten Jahres. Der Optimismus sollte sich auch auf das Investitionsgeschehen im zweiten Halbjahr niederschlagen, weshalb wir hier eine Erholung erwarten.“