Pavlina Vujović kümmert sich beim SCE um die internationalen Projekte
Fotos: SCE

Start for Future: Innovationen für Europa

Als europaweite Kooperative fördert Start for Future seit zwei Jahren die Zusammenarbeit von Hochschulen, Startups und öffentlichen Organisationen. Klaus Sailer und Pavlina Vujović vom Strascheg Center for Entrepreneurship (SCE), einem der Gründungsmitglieder, erklären im Interview, was die Allianz in der europäischen Gründungsszene bewirken will.

Munich Startup: Start for Future – was genau verbirgt sich dahinter?

Klaus Sailer, Geschäftsführer SCE:  Start for Future (SFF) ist eine Allianz und ein Entrepreneurship Hub, der Hochschulen, Startups, Industrie und öffentliche Organisationen umfasst und sich zum Ziel gesetzt hat, systemische Innovation in Europa voranzutreiben. Dafür verbindet SFF regionale Ökosysteme, wie etwa München, Barcelona oder Edinburgh, miteinander, um dann gemeinsam Talente und Startups zu unterstützen, aber auch um Co-Creation und Technologietransfer zwischen Startups, Unternehmen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über das eigene Ökosystem hinaus möglich zu machen, zum Beispiel durch gut miteinander abgestimmte Programme und Aktivitäten.

Wir sind überzeugt, dass wir durch die Zusammenarbeit vieler Hochschulen und Ökosysteme in Europa Entrepreneurship weiterdenken können, um so auch ein Alleinstellungsmerkmal im Blick auf China und Amerika zu haben. Um diese Anliegen auf die nächste Ebene zu heben, hat SFF nun offiziell eine neue Organisationsform, nämlich eine Europäische Genossenschaft, gegründet.

Munich Startup: Welche Organisationen gehören dazu?

Pavlina Vujović, Head of International Projects SCE:  Es sind bereits jetzt eine ganze Reihe Hochschulen und Universitäten und deren verbundene Inkubatoren in der SFF-Allianz aktiv beteiligt, mehrheitlich aus Europa, aber auch weltweit, ebenso mittelständische und große Unternehmen, Forschungs- und Entwicklungszentren wie auch öffentliche Organisationen, die regionale Ökosysteme repräsentieren. Mehr und mehr dieser Partner werden nun auch aktive Mitglieder in der Genossenschaft. Auch EIT KICs, also die Industrie-spezifischen Wissens- und Innovationsgemeinschaften (KICs) des Europäisches Institut für Innovation und Technologie (EIT) sind bereits Teil der Genossenschaft wie aktuell EIT Urban Mobility. Als Treiber und Co-Initiatoren aus dem Münchener Ökosystem sind das Strascheg Center for Entrepreneurship und die Hochschule München als Gründungsmitglieder von Beginn an dabei.

Kollaborative Synergien nutzen

Munich Startup: Welche Ziele und Visionen verfolgt die Genossenschaft?

Klaus Sailer
Klaus Sailer ist Geschäftsführer vom SCE

Klaus Sailer, Geschäftsführer SCE: Das Hauptziel ist die Förderung von Innovation und Entrepreneurship auf europäischer Ebene. Die Genossenschaft strebt danach, eine Kultur von Innovation und Unternehmertum in Europa in die Breite, und damit meinen wir, in alle europäischen Winkel zu tragen. Dies soll in einer offenen, demokratischen, systemischen und nachhaltigen Weise geschehen, indem die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Innovationsakteuren gefördert wird.

Durch die Nutzung kollaborativer Synergien wollen wir Exzellenz durch Volumen schaffen, also durch die Einbindung von vielen AkteurInnen. Deshalb zielt die Genossenschaft darauf ab, Zusammenarbeit und Wissensaustausch zwischen InnovationsakteurInnen in einem gemeinsamen international hochvernetzten Ökosystem zu fördern. Dabei sollen gemeinsame Bemühungen unterstützt werden, um bahnbrechende Konzepte und Spitzentechnologien weiterzuentwickeln und zu kommerzialisieren.

Last but not least steht die Wertegebundenheit. SFF soll uns allen zugutekommen. Die übergeordnete Vision ist die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen mit unternehmerischen Mitteln und Mindset. Die SFF-Genossenschaft engagiert sich dafür, gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen und den Wohlstand der europäischen Bevölkerung zu steigern. Ihr Fokus auf systemische Innovation spiegelt das breite Engagement für diese Ziele wider.

Mehrwert durch Co-Creation

Munich Startup: Warum lohnt es sich, Mitglied von SFF zu werden?

Pavlina Vujović, Head of International Projects SCE: Ganz einfach: Es gibt unglaublich viel zu gewinnen durch Zusammenarbeit und Co-Creation. Insofern bietet SFF auch vielfältigen Mehrwert für die verschiedenen Partner.

Die Hochschulen und Inkubatoren profitieren von den geteilten Ressourcen und Netzwerken und können zum Beispiel auch Startups und Innovationsteams ein gutes Angebot machen, die gar nicht in den eigenen Spezialisierungsfeldern verortet sind, indem sie den enormen Pool an ExpertInnen und hochspezialisierter Coaches für die vielfältigsten Themen gemeinschaftlich nutzen.
WissenschaftlerInnen, Lehrenden wie auch externen Unternehmens- und Netzwerkpartnern bietet SFF zum Beispiel Zugang zu Entrepreneurship- & Innovations-Trainings und MOOCs und eine gemeinsame Forschungsgruppe. Lehrende entwickeln aber auch gemeinsam Kurse, stimmen sich zu Themen und Inhalten ab oder führen sie gemeinsam durch.
Studierenden, Talenten und frühphasigen Startups bietet SFF die Chance, gemeinsam an ihren Projekten und innovativen Lösungen zu arbeiten und sie im internationalen Gründungsteam zu verwirklichen. Für Unterstützung und Mentoring können sie dafür auf das gesamte SFF Netzwerk zurückgreifen. Wir nennen das in unserem Open Incubation Program „from zero to hero“.

Für alle innovativen Unternehmen und Netzwerkpartner ist es eine fantastische Gelegenheit, von dem Know-how und den Ressourcen des Hochschul-Netzwerks zu profitieren und mit den besten und innovativsten Talenten, Startups und Kollaborationspartnern weltweit zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig können sie sowohl bei der Definition der drängendsten gesamtgesellschaftlichen Fragestellungen als auch bei der Lösungsfindung durch unternehmerische Aktivitäten mitgestalten. Dabei lernen sie, durch Kollaborationen neue disruptive und systemische Innovationsansätze in die Anwendung zu bringen.

Konkrete Unterstützung für Startups

Munich Startup: Die Kooperative soll auch Startups fördern und bietet Möglichkeiten für Investitionen. Wie läuft das ganz konkret ab? Könnt Ihr Best Practices nennen?

Pavlina Vujović, Head of International Projects SCE: Startups erhalten Zugang zu weltweiten ExpertInnen und MentorInnen und können zum Beispiel einen Inkubator in einem für sie besonders branchenrelevanten regionalen Ökosystem besuchen, um dort gegebenenfalls ein eigenes Netzwerk aufzubauen. Im letzten Durchlauf des SFF Open Incubator, einem der Kernprogramme von Start for Future, haben wir neue Co-Creation-Möglichkeiten und Mobilitätsformate für Startups eingeführt, um mit der Unterstützung des Host-Inkubators Möglichkeiten im Partner-Ökosystem zu erkunden. Wir freuen uns zu sehen, dass internationale Startups dieses Format als sehr attraktiv wahrnehmen. In diesem Jahr hatten wir ein spanisches Startup zu Gast in München, das die Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen im Bereich Wasserstoff ausloten wollte und auch eine Kooperation abschließen konnte. Auch das italienische Startup Clearchain von unserer Partneruniversität Pisa wurde erfolgreich in den SCE-Inkubator aufgenommen und konnte von den Angeboten im Münchner Ökosystem und insbesondere des AI+ Munich Programms profitieren. Auf diese Weise erhalten Startups Zugang zu branchenspezifischen Unternehmen aber auch zu den Investoren-Netzwerken der SFF Partner.

Daneben verbinden wir Startups auch mit Partner-Angeboten in der späteren Phase wie zum Beispiel mit den EIT KICs und stoßen vielversprechende Co-Creation Prozesse an. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit mit dem EIT Urban Mobility Venture Builder Programm, über das Startups mit Innovationen im Bereich der nachhaltigen Mobilität bei der weiteren Skalierung und Finanzierung von EIT Urban Mobility unterstützt werden. Ähnliche funktioniert auch die Zusammenarbeit mit EIT Manufacturing. Regelmäßig machen wir unsere Startups auf diese Möglichkeiten aufmerksam und schaffen Raum für InvestorInnen und Business Angels, um ihre Angebote zu präsentieren. Auf diese Weise können wir eine viel größere Wirkung erzielen und eine effektivere Roadmap für die Entwicklung von Startups erstellen. SFF ist insofern der perfekte Türöffner für alle Partner und eine Brücke zwischen Projekten aus dem Hochschul-Umfeld und Inkubatoren hin zur weiterführenden Skalierung.

Start for Future: Große Resonanz in kurzer Zeit

Munich Startup: Welche Erfolge kann Start for Future bereits vorweisen?

Klaus Sailer, Geschäftsführer SCE: Nachdem wir die Initiative erst vor circa zwei Jahren gestartet haben, sind wir positiv überrascht über das schnelle Wachstum und über die große Resonanz, auf die wir gestoßen sind. Ich habe mich besonders gefreut, als im letzten Jahr die damalige EU Innovations-Kommissarin und heutige bulgarische Ministerpräsidentin, Mariya Gabriel, beim ersten Start for Future Summit unsere Allianz als europäische Best Practice Initiative für die Umsetzung der ‚New European Innovation Agenda‘ gewürdigt hat, also der maßgeblichen europäischen Richtlinie, die Europa zu früherer Innovationskraft und Technologieführerschaft zurückführen soll, oder zumindest wieder aufschließen lässt. Wie Mariya Gabriel sagte, ist es dafür entscheidend, sowohl Deep-Tech-Innovationen zu fördern als auch innovative Regionen miteinander zu vernetzen, wie es SFF vormacht.

Munich Startup: Wohin soll sich die Kooperative in den nächsten Jahren entwickeln?

Pavlina Vujović, Head of International Projects SCE: Aktuell sind wir 53 Partner in der Allianz, Tendenz schnell wachsend. Davon waren bei der Gründung der europäischen SFF-Genossenschaft bereits 18 Partner als offizielles Gründungsmitglied dabei. Wir haben aber weit Größeres vor und wollen, dass bis 2035 1.000 Hochschulen und Universitäten aus 500 regionalen Innovations-Ökosystemen mit dem Schwerpunkt in Europa an der Genossenschaft teilhaben und aktiv sind. Wenn wir das schaffen, ist es möglich, bis dahin eine Million Startups und Gründungsideen zu unterstützen und anzuschieben. Unser nächster ambitionierter Meilenstein auf dem Weg dahin sind 100 Hochschulen bis Mitte 2025. Wir wollen Exzellenz erreichen, indem wir möglichst viele Talente, InnovatorInnen und Startups einbinden, um damit Europa zum Vordenker für systemische Innovation und eine lebenswerte Zukunft zu machen. Natürlich sind alle eingeladen, gleichberechtigt in der SFF-Genossenschaft mitzumachen!