Foto: Petleo

Petleo: Die digitale Patientenakte für Tiere

Auf seiner Plattform für Haustiergesundheit verbindet das Münchner Startup Petleo TierhalterInnen, TierärztInnen und andere DienstleisterInnen. CEO Julian Weritz erklärt im Interview, warum der Tiergesundheits-Markt dringend digitalisiert werden muss, welche Funktionen die Plattform bietet und was das alles mit einer Autobahn zu tun hat.

Munich Startup: Was macht Petleo? Welches Problem löst Ihr?

Julian Weritz, Petleo: Petleo widmet sich der Digitalisierung von Tierarztpraxen und anderen Service-Providern für Haustiere, wie beispielsweise Tierphysios, HundefriseurInnen, ErnährungsberaterInnen, HeilpraktikerInnen und Hundeschulen. Unsere Plattform für Haustiergesundheit verbindet TierärztInnen und Tierpflege-DienstleisterInnen mit TierhalterInnen durch praktische Tools wie Online-Terminbuchungen, die elektronische Haustier-Gesundheitsakte oder volldigitale NeukundInnen-Registrierungen, um für Entlastung bei den Providern und Transparenz bei den HalterInnen entlang der kompletten Wertschöpfungskette zu sorgen.

Wir sind überzeugt: Moderne tierärztliche Versorgung erfordert mehr als nur einen Besuch in der Klinik. Wir verbessern die Effizienz, erleichtern Tierhaltern das Buchen von Dienstleistungen und stellen sicher, dass alle Fellnasen rechtzeitig und gründlich behandelt werden können, anstatt sich mit aufwändigen, administrativen Tasks beschäftigen zu müssen.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Julian Weritz: Es gibt zwar bereits digitale Lösungen, aber was Petleo von anderen unterscheidet, ist unsere Konnektivität. Petleo integriert sich nahtlos in bestehende Systeme und fördert den digitalen Datenaustausch zwischen den verschiedenen Akteuren. Die Digitalisierung dieser aufwändigen Prozesse hat sehr viele Vorteile: Früher sind die TierhalterInnen mit einer Menge ausgedruckter Zettel, CD-Roms oder handschriftlichen Notizen vom Tierarzt-Termin nach Hause gekommen. Heute ist dank der Petleo-Plattform mit nur einem Klick die gesamte Gesundheitsakte strukturiert und gesammelt am Handy verfügbar – und das in Sekundenschnelle. Zudem tragen automatische Erinnerungen an Folge-Termine und Impfroutinen dazu bei, dass kein Termin mehr vergessen wird. Und das Beste: Man kann die Befunde auch mit der Familie und FreundInnen teilen. So weiß jeder sofort Bescheid, wie es um die geliebte Fellnase steht.

Außerdem ist unsere Mischung aus Fachwissen im Team einzigartig. Wir haben nicht nur eine Tierärztin als Mitgründerin, die die Feinheiten und Bedürfnisse des Berufsstandes kennt, sondern auch Fachleute, die über umfangreiche Erfahrungen im E-Health-Bereich verfügen, insbesondere in der Humanmedizin. Diese Kombination verschafft uns einen enormen Vorteil bei der Schaffung einer maßgeschneiderten, intuitiven und effektiven Plattform.

Wissen rund um das eigene Haustier sichtbar und nutzbar machen

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Julian Weritz: Wir haben die Lücken in der Kommunikation zwischen TierärztInnen und TierhalterInnen sowie den digitalen Rückstand im deutschen Veterinärbereich erkannt. Es gab kein vollumfängliches System, welches alle Informationen rund um die eigene Fellnase sammeln und digital verwalten kann. Daraus entstand die Vision einer App, die die vielen Tücken und Herausforderungen von TierhalterInnen adressiert und das Wissen rund um das eigene Haustier für die TierhalterInnen sichtbar und nutzbar macht.

Die digitale Anwendung wurde dann um B2B-Features erweitert und in den Alltag von Kliniken und Praxen gebracht. Dabei spielen vor allem unsere nahtlosen Schnittstellen eine große Rolle: Petleo integriert sich in die bestehenden Praxismanagementsysteme der TierärztInnen, ohne in interne Prozesse oder laufende Systeme einzugreifen oder eine komplette Systemumstellung zu erfordern.

Munich Startup: Was waren bisher Ihre größten Herausforderungen?

Julian Weritz: Unsere größte Herausforderung bestand darin, uns als junges Team zu beweisen. Außerdem mussten wir sehr viel Überzeugungsarbeit hinsichtlich der Digitalisierung altmodischer Systeme leisten. Wir haben die Brücke zwischen alten Systemwelten auf der Behandler-Seite und unserer modernen App geschlagen.

Um diesen langwierigen Prozess zu verbildlichen, beschreiben wir diese Herausforderung gern mit einer Metapher: Wir sind quasi die Datenautobahn, die sicherstellt, dass Autos (Tier-Datensätze) und Lkw (DienstleisterInnen) problemlos und schnell auf unserer ausgebauten Strecke verkehren können. Nach anfänglichen Testfahrten und Ausbesserung am Straßenbelag ist es uns circa ein halbes Jahr nach der Gründung dann auch gelungen, fleißig an den Mautgebühren (B2B-Subscriptions) zu verdienen.

Mittlerweile sind wir Marktführer in der DACH-Region und Luxemburg rund um die digitale Haustiergesundheit und konnten neben den wichtigen Stakeholdern auf dem B2B-Markt auch ein tolles, 20-köpfiges Team aufbauen und für unsere Vision gewinnen.

Petleo soll sich zur All-in-one-Lösung entwickeln

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Julian Weritz: In einem Jahr möchten wir die führende Online-Buchungsplattform in der DACH-Region sein und erste Rollouts im europäischen Ausland vollzogen haben. Außerdem arbeiten wir intensiv an weiteren Features zur Digitalisierung der Prozesse, wie beispielsweise einer digitalen Gesundheitsakte sowie der KI-gestützten Auswertung und Prognose der tierischen Daten. Darüber hinaus wird sich Petleo immer mehr zur All-in-one-Lösung weiterentwickeln und künftig etwa auch das Bezahlwesen und die asynchrone Kommunikation zwischen BehandlerInnen und TierbesitzerInnen ermöglichen.

In fünf Jahren möchten wir sämtliche relevante Prozesse innerhalb der Wertschöpfungskette digitalisiert haben und die führende Plattform rund um das Thema Haustiergesundheit in ganz Europa sein.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Julian Weritz: München ist für uns persönlich das neue Berlin. Mit seiner pulsierenden Tech-Szene haben wir hier sowohl qualifizierte Talente als auch wertvolle PartnerInnen gefunden. Wir nehmen regelmäßig an den BayStartup-Events teil, waren im Badge des Insurtech Hub Munich dabei, konnten uns mit vielen anderen Startups austauschen und haben Big Player wie Zooplus und Evidensia in Fußnähe. Außerdem haben wir großartige InvestorInnen aus dem Großraum München an Bord, wie beispielsweise Markus Reichenberger, Katja Lindo, Ulrich Müller-Menrad, Georg Hofer, Patrick Palacin.

Munich Startup: Schneller Exit oder langer Atem?

Julian Weritz: Unsere Vision für Petleo ist nicht der schnelle Ausstieg. Wir sind fest entschlossen, die Tierversorgung von morgen aktiv mitzugestalten und zu revolutionieren. Wir sind immer offen für strategische Partnerschaften, die unsere Mission beschleunigen können, denn unser Hauptaugenmerk liegt auf der langfristigen Wirkung. Petleo ist von Beginn an als offene Plattform geplant, um allen Parteien aus dem Ökosystem „Haustier“ die gegenseitigen Mehrwerte durch die Verwendung von strukturierten Daten zu ermöglichen. Zu unseren Hauptzielgruppen zählen TierärztInnen und Service-Provider wie etwa PhysiotherapeutInnen, TierfriseurInnen und natürlich die HaustierhalterInnen selbst. Ebenso bedienen wir weitere Kooperationspartner wie beispielsweise Tierkranken-Versicherer, die Tier-Pharmaindustrie und arbeiten bereits an der Zusammenarbeit mit Laboren und Forschungseinrichtungen.