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Amind: Mental Health durch evidenzbasierte Weiterbildung

Egal ob GründerIn, Führungskraft oder Angestellte – Stress reduziert die Leistungsfähigkeit auf individueller Ebene, aber auch in Organisationen. Doch Quellen für Stress gibt es viele und mit einer einfachen Reduktion des Arbeitspensums ist es oft nicht getan. Das Münchner Startup Amind hat es sich daher zum Ziel gesetzt, evidenzbasiert Achtsamkeit zu fördern und (Selbst-)Sicherheit und (Selbst-)Fürsorge zu steigern. Im Interview erklärt Gründer Marius Merkle seinen Ansatz, was ihn von herkömmlichem Coaching unterscheidet und wie er durch die Gründung von Amind einen neuen Blick auf Unsicherheiten und Selbstzweifel bekommen hat.

Munich Startup: Was macht Dein Startup Amind? Welches Problem löst Du?

Marius Merkle, Amind: Die Marke Amind ist das Aushängeschild der Amind GmbH. Unser vorrangiges Ziel ist es, Einzelpersonen und Organisationen im Bereich der Angewandten Mentalforschung (Applied MindScience) auf eine evidenzbasierte Weise weiterzubilden. Durch die Förderung von Achtsamkeit streben wir nach einer Steigerung von (Selbst-)Sicherheit und (Selbst-)Fürsorge, was wiederum zu einer nachhaltig höheren Leistungsbereitschaft auf individueller und organisationaler Ebene führt.

Unsere Herangehensweise zeichnet sich durch eine faktisch-inspirierende und daten-gefühlsbetonte Sprache aus. Wir unterstützen Organisationen, Mitarbeitende und UnternehmerInnen dabei, Führungskompetenz, Leistungsfähigkeit und Teambindung nachhaltig zu verbessern, indem wir den effektiven Umgang mit Stress, Fokus-Akzentuierung, Stärkung von Beziehungen und (Selbst-) Fürsorge fördern.

In unseren Programmen stehen zentrale Fragen im Vordergrund: Wie kann eine Organisation profitabel und nachhaltig wachsen, während gleichzeitig das individuelle Wohlbefinden gestärkt und eine positive Organisationskultur aufgebaut wird? Obwohl unsere Programme keine psychotherapeutischen Maßnahmen ersetzen, erzielen sie therapeutische Effekte. In Zeiten der Unsicherheit und Technologisierung möchten wir Individuen und Organisationen eine sichere und humanisierte Grundlage bieten: „The Secure Base“. Diese sichere und fürsorgliche Basis fördert die Erhaltung und Entwicklung effizienter, kollaborativer und innovativer Organisationskulturen.

Munich Startup: Aber es gibt doch schon so viele Coaching-Angebote!

Marius Merkle: Bei Amind handelt es sich nicht um ein herkömmliches Coaching-Angebot; vielmehr streben wir nach einer gemeinsamen Erfahrungsvermittlung. Wir sind uns bewusst, dass wir niemals alles wissen können, und deshalb setzen wir auf intrinsische Neugier, um die Hintergründe unserer PartnerInnen sowohl kognitiv als auch emotional besser zu verstehen. Unser Ziel ist es nicht, vorgefertigte Lösungswege durch ein festgelegtes Framework zu präsentieren, da dies den kreativen Entwicklungsprozess unserer PartnerInnen unnötig beschränken würde.

WegbegleiterInnen im Prozess der Selbstentwicklung

Die Amind-Experience bedient sich lediglich einiger Werkzeuge, um unsere PartnerInnen dabei zu unterstützen, ihre eigenen sicheren Basen zu erkennen, zu kultivieren und zu übertragen. Wir verstehen uns weniger als herkömmliche Coaches, sondern eher als unterstützende und befähigende WegbegleiterInnen im Prozess der Selbstentwicklung unserer PartnerInnen, damit sich diese intrinsisch sicherer fühlen, und diese empfundene Sicherheit nach außen vermitteln können.

Munich Startup: Was ist Deine Gründungsstory?

Marius Merkle: Während meines Studiums am IIM-C in Kalkutta (Indien) gegen Ende 2017 habe ich erstmals Berührungspunkte mit der Phänomenologie von „Mindfulness“ gesammelt, insbesondere durch formale Meditationspraktiken im Sitzen. Die Erkenntnisse, die ich in diesen Kursen gewonnen habe, halfen mir, eine schwere Denguefieber-Erkrankung zu überstehen. Dabei musste ich lernen, Situationen zu akzeptieren, ohne in Lethargie zu verfallen. Die formale Meditationspraxis wurde daraufhin zu einer täglichen Routine.

Als ich Ende 2018 meine erste Vollzeitstelle bei Meta (ehemals Facebook) antrat, freute es mich zu sehen, dass auch dort erste Initiativen zur Unterstützung der mentalen Gesundheit der Mitarbeitenden entstanden. Durch kostenfreie autodidaktische Selbsthilfe-Apps konnten wir eigeninitiativ an unseren „Softskills“ arbeiten. Allerdings erkannte ich aus eigener Erfahrung, dass das eigene Ausprobieren zwar ein wichtiger erster Schritt ist, aber zentrale Aspekte wie Integration, Reflexion und Erfahrungsaustausch zu kurz kamen.

„Nachhaltiges und profitables Wachstum ermöglichen“

Aus diesen Gründen fasste ich den Entschluss, an einem achtsamkeitsbasierten Beratungskonzept zu arbeiten, das die genannten Aspekte vollumfänglich integriert. Nach zwei Jahren Verhaltenstherapie und einer zweijährigen Ausbildung zum MBSR-Lehrer (Mindfulness Based Stress Reduction) fühlte ich mich schließlich bereit, meine Ambitionen in ein evidenzbasiertes Beratungskonzept zu übersetzen. Dieses konzentriert sich auf die Kultivierung und Vermittlung einer inneren sicheren Basis, da diese Secure Base das ist, was uns Menschen miteinander verbindet und vereint: das Bedürfnis, sich sicher zu fühlen. Denn nur mit einer im Inneren entstandenen (Selbst-)Sicherheit können wir Sicherheit nach außen tragen. Dies wird für Organisationen und Führungskräfte entscheidend sein, um nachhaltiges und profitables Wachstum zu ermöglichen.

Munich Startup: Was waren bisher Deine größten Herausforderungen?

Marius Merkle: In meiner beruflichen Laufbahn bei Unternehmen wie Meta, Amazon und Tiktok hatte ich stets die Gelegenheit, mit Startups aus verschiedenen Branchen zusammenzuarbeiten. Es war eine spannende Erfahrung, diese Jungunternehmen zu unterstützen. Allerdings konnte ich aus der Ferne die ständigen Unsicherheiten und Selbstzweifel, die mit einer Gründung einhergehen, nie ganz nachvollziehen. Fragen wie „Was passiert, wenn mein Vorhaben scheitert?“ oder „Warum sollte ich das sichere Boot einer Festanstellung verlassen?“ sind mir erst inmitten des Gründungsprozess bewusst geworden. Das soll meine Überzeugung an meiner Idee nicht schmälern, vielmehr erachte ich diese Rückfragen eher als Geschenke, um Optionen wertfrei abzuwägen.

Amind und die Herausforderungen im Gründungsprozess

Die Herausforderungen, einen „Markt“ für meine Idee zu finden und deren Mindfulness-Thematik, die (fälschlicherweise) als esoterisch abgetan wird, in eine zeitgemäße Sprache zu übersetzen, waren zunächst abstrakt, sind nun jedoch zu konkreten Aufgaben geworden. Von meiner vorherigen freiberuflichen Tätigkeit, bei der meine PartnerInnen vorzugsweise organisch gewachsen sind, muss ich nun zur gezielten Neupartnerakquise überwechseln, um als Unternehmen profitabel zu sein. Dabei steht die Erstellung kanalübergreifenden Contents und die Umsetzung effektiver Marketingkampagnen im Mittelpunkt. Was zu meiner Zeit bei Meta, Amazon und Tiktok lediglich theoretisch vorgetragen wurde, wird nun zur praxisrelevanten und existenzwahrenden Realität meines Startups.

Die mit dem Gründungsprozess verbundene Unsicherheit ist zweifellos eine der größten Herausforderungen. Im Rückblick kann ich meinen Respekt für all die JungunternehmerInnen, mit denen ich in den letzten Jahren zusammengearbeitet habe, nicht genug betonen. Mut und Resilienz sind unerlässlich. Meine eigene Meditationspraxis und die Amind-Experience helfen mir jedoch, eine innere sichere Basis zu schaffen und mich inmitten dieser wahrgenommenen Unsicherheit sicherer zu fühlen.

Die sozialorientierte Ausrichtung von Amind, sowohl als Marke als auch Unternehmen, ist für uns ein unverrückbares Leitprinzip. Als Unternehmen, das sich dem weit verbreiteten Konzept des „Social Impact“ verpflichtet fühlt, muss es uns gelingen, geschickt zwischen Philanthropie und Profitabilität zu balancieren. Obwohl wir uns nicht als „pro bono“ bezeichnen, ist es unser Anliegen, unsere Beratungsdienstleistungen für Organisationen aller Art barrierefrei zur Verfügung zu stellen.

Auf der Suche nach dem Geschäftsmodell

Munich Startup: Wo möchtest Du in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Marius Merkle: In den kommenden fünf Jahren liegt mein Fokus darauf, meine Beratungsleistungen weiter zu optimieren und am Markt noch erfolgreicher zu positionieren. Dabei strebe ich an, an einem skalierbaren Geschäftsmodell zu arbeiten, sei es im Bereich plattformbasiertes E-Learning oder Fashion & Lifestyle, für die ich bereits Ideen konzipiert habe. Mein Selbstbild in dieser Zukunftsvision basiert darauf, dass ich in Einklang mit dem aktuellen Stand meiner Entwicklung stehe, und ich mich nicht „gezwungen“ fühle, mich unbedingt verändern zu müssen.

Wesentlich ist für mich, dass ich meine bereits initiierten Projekte in vollem Bewusstsein vorantreibe. Besonders zu Beginn liegt der Fokus auf der Sensibilisierung und Erfahrungsvermittlung, um die Bedeutung der wahrgenommenen bzw. empfundenen inneren Sicherheit (Secure Base) für Individuen und Organisationen zu verdeutlichen. Mein Ziel ist es, viele erforderlichen Maßnahmen ergriffen zu haben, um in fünf Jahren behaupten zu können, dass ich einen umfassenden Beitrag dazu geleistet habe. Wenn es mir gelingt, sowohl in der Beratungsbranche als auch im Bereich meiner konzipierten Ideen Fuß zu fassen, werde ich nicht nur zufrieden sein, sondern möglicherweise auch als Mensch von einigen wertvollen Partnerschaften profitieren können.

Munich Startup: Wie hast Du den Startup-Standort München bisher erlebt?

Marius Merkle: Dank meines Netzwerks, das sich hauptsächlich während meines Masterstudiums entwickelt hat, bin ich beeindruckt von der Vielzahl an Startups, die in München entstehen. Von Deeptech bis hin zu verschiedenen SaaS-Lösungen empfinde ich das Münchner Startup-Ökosystem als äußerst vielseitig.

Die Mission von Amind: Sogenannte Schwächen und Fehlbarkeiten zugeben und wachsen

Trotzdem muss ich gestehen, dass ich leider nie das Privileg hatte, in München zu studieren, geschweige denn länger als vier Jahre in dieser wunderschönen Stadt zu leben. Daher würde ich mich keineswegs als Experten bezeichnen und behaupte deshalb, noch viel mehr Erfahrungen sammeln zu müssen, um mir ein fundiertes Urteil erlauben zu können. Doch genau das ist die Mission von Amind: Sogenannte Schwächen und Fehlbarkeiten zuzugeben, um mit intrinsischer Motivation zu wachsen. Aus diesem Grund erachte ich es wertvolles Lerngeschenk, noch mehr über München als Startup-Standort erfahren zu dürfen.

Munich Startup: Risiko oder Sicherheit?

Marius Merkle: Gegenfrage: Warum nicht beides? Auf diese Weise kann ich in potenziellen Risikosituationen ein Gefühl innerer Sicherheit bewahren und dieses nach außen tragen. Gleichzeitig erlaubt es mir, in vermeintlich sicheren Situationen ein gewisses Restrisiko zu berücksichtigen. Beide Aspekte schließen sich nicht gegenseitig aus. In Bezug auf meinen beruflichen Werdegang habe ich stets nach „Sicherheit“ in Festanstellungen bei großen Technologieunternehmen gesucht. Ob ich in diesen Positionen innige Sicherheit verspürt habe, kann ich in der Retrospektive lediglich erahnen.

Jetzt habe ich jedoch die ersten Schritte in die Selbstständigkeit unternommen und kann mir durchaus vorstellen, beides miteinander zu verbinden. Dies würde der Sache dienlich sein, da ich als Führungskraft in einer Organisation aus erster Hand praktische Erfahrungen sammeln könnte, die sich dann in das Dienstleistungsangebot von Amind integrieren lassen. Sicherheit und Risiko sind meiner Ansicht nach äußerst persönlichkeitsbezogen. Persönlich würde ich meine Neigung als ambivalent beschreiben, da ich in vermeintlicher Sicherheit das Risiko bewusst suche und gleichzeitig in einem riskanten Szenario Sicherheit intentional finde. Beide Empfindungen schließen sich stets selbst ein und stärken einander.