Bei Auxxo ist Carla Schell verantwortlich für das Thema ‚Platform‘. Als Mitarbeiterin der ersten Stunde treibt sie, neben dem Aufbau des Funds, unter anderem Themen wie Marke, Netzwerk und „Value-add“ für die Portfolio-Firmen des Fonds voran. Sie ruft gern selbst Dinge ins Leben, engagiert sich für digitale Bildung und Persönlichkeitsentwicklung, und initiierte so auch eine Coding-School, um Arbeitslosen und sozial schwache Schichten die Teilhabe an der Digitalisierung zu ermöglichen. Mit „Amelia“ gründete sie außerdem ein eigenes Startup, das als Weiterentwicklungsprogramm und Netzwerk Berufseinsteigerinnen eine selbstbestimmte berufliche und private Laufbahn ermöglichen soll.
Auxxo hat bereits in einige Münchner Startups investiert, wie zum Beispiel Anybill, Einwert, Fides, Filu und Ubimaster.
Gründen mit Purpose
Munich Startup: Was hat Dich dazu motiviert, im Investment-Bereich mit Startups zu arbeiten?
Carla Schell, Auxxo: Seit Beginn meiner Karriere stehen das “Warum” meiner Arbeit sowie der Impact, den ich auf andere und die Gesellschaft erzielen kann, im Vordergrund. Seit Jahren beschäftigt mich der geringe Anteil an Gründerinnen in Deutschland und dass nur ein Bruchteil des Risikokapitals an diese gehen. Der ‚Auxxo Female Catalyst Fund‘ ist der erste Venture-Capital-Fonds in Deutschland, der hier konkret ansetzt und ausschließlich in Teams mit mindestens einer Frau im Gründungsteam investiert. Mittlerweile haben wir mit dem ersten Fund 30 Investments in großartige Frauen getätigt.
In unserer Arbeit mit dem Portfolio haben wir einen starken Fokus auf Leadership und Founder-Wellbeing und können so zudem als “Impact Multiplikator” beeinflussen, welche Art von Unternehmen mit unserem Kapital gebaut werden. Etliche Studien haben außerdem gezeigt, dass Frauen mit Purpose gründen und nachhaltigere sowie diversere Unternehmen bauen – win-win also.
Munich Startup: Welche Technologie oder Branche findest Du persönlich aktuell besonders interessant?
Carla Schell: Die Zukunft der Arbeit, besonders kombiniert mit dem Potenzial der aktuellen KI-Entwicklungen, fasziniert mich. So wie wir die letzten Jahrzehnte gearbeitet haben, ist es nicht mehr zeitgemäß und wird den Standort Deutschland auch nicht in Zukunft voranbringen. Durch KI besteht die Möglichkeit, die Produktivität zu steigern, die Arbeitszeit zu reduzieren und jeden Einzelnen dort einzusetzen, wo er oder sie den größtmöglichen Mehrwert bringt. Der Schlüssel hierzu liegt darin, jeden auf diese technologische Reise mitzunehmen und Bildung neu zu denken. Fragen wie “Wie gelingt das erfolgreiche Re- und Upskilling von Mitarbeitern? Wie setzen wir in der Bildung einen größeren Fokus auf die einzigartigen menschlichen Fähigkeiten wie Kreativität, emotionale Intelligenz oder Storytelling?” beschäftigen mich. Außerdem wird immer mehr das “wie” wir arbeiten in den Vordergrund rücken.
Diverse Teams führen zu einer höheren Rendite
Munich Startup: Welche Vorteile bringen Deiner Ansicht nach divers aufgestellte Gründungs- oder auch VC-Teams mit sich?
Carla Schell: Etliche Studien haben gezeigt, dass diverse Teams zu einer höheren Rendite führen. Unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen helfen dabei, fundiertere und ausgewogenere Entscheidungen zu treffen und unterschiedliche Perspektiven führen zu mehr Innovation. Dabei ist das Geschlecht nur ein Teil von Diversität.
Im VC-Kontext sind diverse Teams unerlässlich, um die besten Deals zu finden und Investmententscheidungen zu treffen. Die Szene ist leider historisch sehr männlich geprägt mit einseitigem Background und den gleichen Netzwerken. Die meisten Deals kommen aber zum einen durch das persönliche Netzwerk. Und zum anderen führt der Similarity-Bias dazu, dass Teams, die einem ähnlich sind (Geschlecht, professioneller Hintergrund etc.) präferiert werden.
Deshalb muss die Diversität der Startups in der Investorenlandschaft abgebildet werden. Gerade passiert glücklicherweise sehr viel in diese Richtung. Besonders hervorzuheben sind hier das 300-köpfige weibliche Angel-Netzwerk “Evangelistas” oder der neu gegründete Angel-Arm von “2Hearts”.
Pitch-Tipp: Zeige deine Vision und liefere Fakten
Munich Startup: Was sind Deine drei liebsten Arbeitstools?
Carla Schell: Ich strukturiere mein Privat- und Arbeitsleben weitgehend in dem Notiztool Notion. Außerdem wäre ich ohne meinen Google-Kalender aufgeschmissen. Für den kreativen “Ausgleich” liebe ich es, mich in dem Design Tool Figma auszutoben.
Munich Startup: Dein Top-Tipp zum Thema “Pitchen”?
Carla Schell: Entwickle eine Story, in der Du die große Vision aufzeigst und zeitgleich Fakten lieferst, warum gerade Du diese Vision umsetzen kannst. Und: der erste Pitch sitzt meistens nicht. Übe am besten mit Freunden, Deinem Netzwerk oder Investoren die auf Deiner Prio-Liste nicht ganz weit oben stehen.
Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?
Carla Schell: Historisch gesehen sind in Krisenzeiten die besten Unternehmen entstanden. Auch war es, dank neuen Technologien, noch nie so einfach so schnell und günstig Ideen zu validieren. Also ja, es ist definitiv eine gute Zeit den Schritt ins Unternehmertum zu wagen!
Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Startup-Standort München noch verbessert werden?
Carla Schell: „Noch nie war es so einfach, so schnell und günstig Ideen zu validieren“
Carla Schell: Ich bin etwa vor einem Jahr von Berlin nach München gezogen. Mir ist dabei besonders aufgefallen, dass es in München tolle Netzwerke gibt, diese aber eher exklusiv sind und selten zusammenkommen. Das Munich Startup Festival mal ausgenommen. Ich habe die “Welcome Culture” von Berlin vermisst. Aus diesem Grund habe ich unter anderem das regelmäßige „Women in Tech“-Breakfast “Croissants & Connect” ins Leben gerufen. Hier bringen wir Frauen unterschiedlicher Generationen und professionellen Hintergründen zusammen. Ich habe gemerkt, dass München für so etwas doch sehr offen ist!
Munich Startup: Welche Investorin oder welchen Investor würdest Du gerne einmal persönlich treffen? Und was würdest Du sie oder ihn fragen?
Carla Schell: Ich habe keine bestimmten Vorbilder auf Investoren- oder Gründerseite. Durch die Arbeit im Venture-Capital-Bereich trifft man jede Woche unzählige spannende Persönlichkeiten. Und ich habe schnell realisiert, dass man von jeder Begegnung sehr viele Learnings und Inspiration mitnehmen kann. Mich interessiert vor allem, was die Person mir gegenüber antreibt – im Beruflichen sowie im Privaten.