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Actyx: Digitalisierungs-Plattform für Fabriken

Actyx bietet eine dezentrale Software-Plattform für die Digitalisierung der Industrie. Die Gründer Roland Kuhn, Oliver Stollmann und Maximilian Fischer erklären im Interview, welche Probleme ihr Startup löst und vor welchen Hindernissen Actyx bereits stand.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Ihr? Stellt Euch bitte kurz vor!

Actyx: Wir sind Roland (43), Oli (31) und Max (31), die Gründer von Actyx. Wir bieten eine Software-Entwicklungsplattform zur Digitalisierung von Fertigungs- und Logistikprozessen an. Unsere Plattform läuft auf einer extrem innovativen Architektur: einer vollständig dezentralisierten Edge-Computing-Plattform. Es gibt keinen zentralen Server in unserem System, weder in der Cloud noch vor Ort. Roland hat an der TU München in Physik promoviert, Oli und Max sind beide Maschinenbauingenieure von der ETH Zürich.

Actyx: „Fabriken sind sehr komplexe Systeme“

Oli und Max trafen sich am ersten Tag der Universität beim Einführungsseminar, wo sie per Zufall nebeneinander saßen. Oli spezialisierte sich während seines Studiums auf digitale Produktionstechnologien und arbeitete ein Jahr lang am Fraunhofer-Institut IOSB-INA, einem führenden Institut für Industrie 4.0. Max arbeitete auf dem Gebiet der Nanotechnologie und begann seine Doktorarbeit in angewandter physikalischer Chemie, erkannte aber bald, dass Fabriken und Software viel spannender sind. Oli präsentierte während seiner Fraunhofer-Zeit einem Kunden aus der Fertigungsindustrie die neuesten I4.0-Trends. Der Firmeninhaber war sofort an einem Projekt interessiert (nachdem er zuerst versucht hatte, Oli einzustellen). Dies war der Nukleus für Actyx; Oli und Max suchten daraufhin einen sehr erfahrenen Software-Ingenieur, der für die Architektur der Software und die Leitung des Entwicklungsteams verantwortlich sein würde. Roland war von der Entwicklung von Software für Fabriken begeistert und gab seinen Job als Teamleiter des weit verbreiteten Software-Frameworks Akka auf, um zusammen mit Oli und Max Actyx zu gründen.

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Actyx: Fabriken sind sehr komplexe Systeme, bei denen viele Maschinen und Menschen perfekt aufeinander abgestimmt sein müssen, um ein Produkt zur richtigen Zeit in der richtigen Menge zu produzieren. Software die diese Prozesse digitalisiert, muss mit dieser Komplexität umgehen können, dabei aber hoch-flexibel sein, um auf die individuellen Bedürfnisse jeder Fabrik eingehen zu können. Zudem muss die Software extrem zuverlässig sein, sonst kommt es zu Maschinenstillständen, weil beispielsweise das Material nicht rechtzeitig geliefert wurde. Unsere dezentrale Plattform bietet genau diese Eigenschaften, und ermöglicht Entwicklern unglaublich schnell zuverlässige und einfach zu skalierende Lösungen zu bauen.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Actyx: Es gibt natürlich schon viele Anbieter, die Software in diesem Bereich anbieten. Die Lösungen bauen dabei aber in der Regel auf einer zentralistischen Architektur (Client-Server) auf. Wir haben durch unsere Architektur enorme Vorteile im Hinblick auf Zuverlässigkeit und Flexibilität des Systems. Zudem ist unsere Plattform ein Developer-first-Produkt, wurde also für Softwareentwickler konzipiert und hat die modernsten Entwicklerwerkzeuge tief integriert.

Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?

Actyx: Im Startup gibt es ständig Herausforderungen, aber eine große Herausforderung war natürlich der erste, zahlende Kunde. Wir wollten Software entwickeln, die auch tatsächlich in Fabriken genutzt wird. Wir hatten zwar Interesse anfangs von einem Industrieunternehmen, es hat aber gut 10 Monate gedauert, bis wir die erste Zeile Code geschrieben haben. Unsere ersten Entwickler haben anfangs Project Proposals geschrieben und Beratungsprojekte mit Fabriken gemacht, um genau zu verstehen was deren Herausforderungen sind.

Eine zweite große Herausforderung war es, das Team zu erweitern, gute Leute zu finden und entsprechende Strukturen zu etablieren. Wenn man anfangs ein Team aus 5-6 Personen ist, dann braucht man keine Strukturen und es funktioniert einfach. Mit mehr als 20 Personen braucht man mehr Struktur und bessere Kommunikation, da hatten wir auf jeden Fall einige Learnings.

Bewusste Entscheidung für München

Schließlich war eine weitere Herausforderung die Umstellung zu einer hundertprozentigen Fokussierung auf den Vertrieb unserer Plattform vor knapp einem Jahr. Wir hatten davor immer parallel unsere Plattform mit Lösungen darauf entwickelt. Nach sehr großem Interesse an der Plattform aus dem Markt haben wir uns entschieden, uns voll auf die Entwicklung und die Vermarktung der Plattform zu fokussieren. Die Kommunikation mit unseren Partnern, welche Systemintegratoren, Dienstleister oder Fabrik-IT-Teams sind, ist ganz anders als über operative Mehrwerte mit Werksleitern zu sprechen.

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?

Actyx: Wir sind zufrieden wie das Geschäft mit der Plattform anläuft. Wir haben mittlerweile 8 Partner, die unsere Plattform als Baustein für ihre Lösungen nutzen. Die Plattform läuft in 15 Fabriken in Deutschland, UK, Polen, Tschechien, Österreich, Kanada und Chile; die Plattform ist dabei häufig großflächig in der Produktion oder Logistik im Einsatz.

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Actyx: München ist ein guter Standort in unseren Augen. Es gibt hier viele Fachkräfte bzw. es ist interessant für Fachkräfte, hier her zu ziehen. Zudem gibt es in unmittelbarer Nähe viele mittelständische oder große Industrieunternehmen. Wir haben uns auch daher ganz bewusst für München entschieden und beispielsweise nicht für Berlin.

Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star?

Actyx: Im Moment Hidden Champion auf dem Weg zum Shooting Star.