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Update-Interview: Climedo

Das 2017 gegründete Münchner Healthtech Climedo bietet eine Lösung mit hybriden Möglichkeiten für klinische Studien und Echtzeit-Einblicke. Mit seinem patientenorientierten Ansatz und der kontinuierlichen Bereitstellung von Dateneinblicken und Visualisierungen zum aktuellen Studienfortschritt ermöglicht Climedo seinen KundInnen eine bessere Kommunikation mit medizinischen Fachkräften und anderen MeinungsführerInnen. Durch seine erfolgreiche Finanzierung Ende 2021 konnte das Startup weiter wachsen. Zeit für ein Updateinterview mit Co-Founder und CEO Sascha Ritz.

Munich Startup: Als wir das letzte Mal gesprochen haben, habt Ihr gesagt, dass Climedo durch ein sinnvolles Zusammenspiel von Künstlicher und Menschlicher Intelligenz ÄrztInnen wieder mehr Zeit für PatientInnen verschaffen will. Konntet Ihr dieses Ziel erreichen?

Sascha Ritz, Co-Founder und CEO von Climedo: Auf jeden Fall. Mittlerweile bieten wir auf der Climedo-Plattform erste Schnittstellen zur KI an. Dabei fokussiert sich unsere Lösung auf die Patientenstratifizierung (Anmerkung der Redaktion: das Abschätzen des Risikos, dass eine vorliegende fortschreitende Erkrankung zu Komplikationen oder zum Tod führen kann), Subgruppenanalyse und Echtzeit-Berichterstattung durch GenAI, also Generative Intelligenz, in laufenden Studien. Unser Ziel ist es, personalisierte und effektive Therapien durch ein genaues Verständnis der Bedürfnisse der PatientInnen zu ermöglichen.

Unser Interviewpartner, Mitgründer und CEO Sascha Ritz (Foto: Climedo)

Diese patientenorientierte Herangehensweise wurde zunehmend durch unsere Plattform erleichtert. Wir legen großen Wert auf das Feedback der EndnutzerInnen und führen regelmäßige Interviews, Fokusgruppen und Umfragen mit ÄrztInnen, PatientInnen und wichtigen MeinungsführerInnen (“Key Opinion Leaders”) durch. Ein solcher iterativer Prozess optimiert unsere Feature-Entwicklung und gewährleistet eine hohe Nutzerfreundlichkeit und ansprechendes Design.

Die Ergebnisse sprechen für sich: Wir haben eine überdurchschnittlich hohe Patientenbindung und Datenvollständigkeit in Studien erreicht.

Datenschatz versus Datenschutz

Munich Startup: Welche Hindernisse sind Euch auf dem Weg dahin begegnet?

Sascha Ritz: Einerseits das Thema Datenschatz versus Datenschutz: Bis 2025 sollen Gesundheitsminister Lauterbach zufolge 80 Prozent der gesetzlich Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) haben. Diese ermöglicht die digitale Bereitstellung wichtiger Gesundheitsdaten, die auch klinische Studien bereichern würden. Die Offenheit der PatientInnen ist laut einer Befragung von Climedo da: 50 Prozent würden gerne die ePA in Studien nutzen. Hier spielen der Ausbau eines Datenschatzes sowie „Real-World Evidence“ (RWE) eine wichtige Rolle. RWE zeigt die Wirksamkeit von Arzneimitteln bei PatientInnen in der realen Welt auf, unterstützt ärztliche Entscheidungen und ergänzt Forschungsergebnisse. Dieser Datenschatz wird im Idealfall auch an PatientInnen zurückgespielt. Mit der ePA und Unterstützung von KI können auch Risiken und Nebenwirkungen viel früher erkannt werden.

Lauterbachs Strategie befürwortet ebenfalls die Verfügbarkeit und Verknüpfbarkeit von Daten aus verschiedenen Quellen. Während viele Branchen längst vollständig digitalisiert sind, hinkt das Gesundheitswesen in Deutschland jedoch stark hinterher. Das spiegelt sich auch in der klinischen Forschung wider, die für die medizinische Innovation entscheidend ist. Die Auswirkungen auf die Studienergebnisse sind gravierend. Aus meiner Sicht sollten Datenschutz und Datenschatz nicht gegeneinander laufen, sondern ineinandergreifen.

Darüber hinaus beobachtet die Pharma-Industrie Innovationen wie KI zwar sehr interessiert und wir bekommen vermehrt Kundenanfragen dazu, doch die tatsächlichen Investitionen lassen oftmals auf sich warten.

Nachfrage nach Echtzeit-Einblicken nimmt zu

Munich Startup: Wie hat sich Eure Lösung weiterentwickelt?

Sascha Ritz: Die Nachfrage nach Echtzeit-Einblicken in laufende Studien nimmt stark zu. Es genügt nicht mehr, die ersten Ergebnisse 18 bis 24 Monate nach Studienabschluss zu erhalten, so wie es üblicherweise der Fall ist. Mit den Echtzeit-Einblicken von Climedo können StudienärztInnen besser eingebunden werden, da sie PatientInnen direkt und anonym untereinander vergleichen können. Außerdem können PatientInnen besser über Trends informiert werden oder darüber, wo sie sich in einer Verlaufskurve befinden. Unser „Data to Dialogue“-Ansatz, der auf Transparenz und Aufklärung unter ÄrztInnen und PatientInnen setzt, unterstützt Markteinführungen innovativer Therapien, damit sich die effektivsten und sichersten Therapien durchsetzen und schneller bei den PatientInnen ankommen.

Munich Startup: Und wie sieht es finanziell bei Euch aus?

Sascha Ritz: Wir waren zuletzt profitabel, haben uns jedoch Ende 2021 für eine externe „Finanzspritze“ entschieden, um Produktentwicklung und Vermarktung zu beschleunigen. Die nächste Finanzierungsrunde ist für Anfang 2025 geplant, idealerweise auch mit strategischen Investoren aus der Industrie. Denn die können uns neben Investment auch bei der beschleunigten Vermarktung unseres Produkts weiterhelfen.

Climedo: Regionale Wurzeln starker Wettbewerbsvorteil

Munich Startup: Welche Learnings konntet Ihr im Gründungsteam bisher mitnehmen?

Sascha Ritz: Unsere regionalen Wurzeln („made in Germany/Europe“) sind ein starker Wettbewerbsvorteil bei der Ansprache europäischer Pharmafirmen. Daher ist es sinnvoll für uns, weiterhin unseren Fokus auf den DACH-Raum und Europa zu legen. Die von Anfang an vorhandene EndnutzerInnen-Orientierung ist äußerst wertvoll für unsere zahlenden Industriekunden aus der Pharma- und Medizintechnikbranche. Wir haben Geld eingesammelt, als wir es nicht unbedingt brauchten – Ende 2021 waren wir profitabel. Jedoch konnte niemand den Wirtschaftseinbruch Anfang/ Mitte 2022 vorhersehen. Dennoch haben wir die Gelegenheit ergriffen und eine Seed-Runde durchgeführt.

Munich Startup: Welche Rolle spielte das Münchner Ökosystem auf Eurem bisherigen Weg?

Sascha Ritz: Definitiv eine sehr bedeutende Rolle: Wir profitieren von einer super Vernetzung mit anderen GründerInnen und haben vielfältige Lernmöglichkeiten über verschiedene Industrien hinweg. Besonders wertvoll ist auch die starke Präsenz von Pharma- und Biotechnologieunternehmen in der Region. Außerdem kommen unsere KundInnen uns gerne besuchen, vor allem zur Zeit des Oktoberfests.

Einer der nächsten Schritte: Das Team soll wachsen

Munich Startup: Auf welche Milestones arbeitet Ihr als nächstes hin?

Sascha Ritz: Zu unseren nächsten Meilensteinen zählen das Wachstum unseres Teams und die Erweiterung unserer Kapazitäten. Die Internationalisierung in Europa steht ebenfalls auf unserer Agenda, um unseren Einflussbereich zu erweitern und neue Märkte zu erschließen. Nach der nächsten Finanzierungsrunde streben wir den Weg in Richtung Profitabilität an, um langfristige Stabilität und Wachstum sicherzustellen.