Fotos: Twaice

Twaice kombiniert Batteriewissen mit künstlicher Intelligenz

Das Münchner Startup Twaice bietet eine prädiktive Analytiksoftware, die sowohl die Entwicklung als auch den Betrieb von Batterien über eine KI-gestützte Plattform optimiert. 2018 von Stephan Rohr und Michael Baumann gegründet, wurde das Startup von Beginn an von namhaften Investoren unterstützt. Mittlerweile hat Twaice in mehreren Finanzierungsrunden über 60 Millionen Euro eingesammelt, Büros in Chicago und Paris und weltweit Kunden aus der Industrie. 2023 eröffnete das Jungunternehmen mit Vispiron, einem Automobil-Zulieferer, ein Batterie-Labor in München.

Munich Startup: Was macht Twaice? Welches Problem löst Ihr?

Unser Interviewpartner Stephan Rohr, Gründer und Co-CEO von Twaice

Stephan Rohr, Gründer und Co-CEO von Twaice: Twaice bietet Unternehmen, die mit Batterien arbeiten, prädiktive Analytiksoftware an, um Risiken in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit und Garantien zu reduzieren und Potenziale entlang des Lebenszyklus zu erschließen. Unsere Kunden können damit Zeit und Kosten sparen und gleichzeitig Leistung und Lebensdauer von Batterien verbessern. Wir kombinieren dabei Batteriewissen mit künstlicher Intelligenz und generieren so handlungsrelevante Erkenntnisse während des gesamten Lebenszyklus der Batterie. Schlussendlich wollen wir die Lebensdauer, Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit von Batterien erhöhen.

Twaice macht den Lebenszyklus einer Batterie transparent

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory? 

Stephan Rohr: Michael und ich haben beide am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der TU München im Umfeld „Second Life“ promoviert. Wir haben uns angesehen, wo Second-Life Sinn macht, wann es Sinn macht, aber auch was die technischen Probleme sind. Und da kam dann das Thema unseres heutigen Geschäftsfeldes auf: Dass Batterien die Energiewende und emissionsfreie Mobilität zwar ermöglichen, allerdings gleichzeitig auch die Achillesferse bilden. So gab es keine Transparenz über die Alterung der Batterie oder sicherheitsrelevante Parameter. Diese zu erzeugen und Kunden prozessgerecht zur Verfügung zu stellen, war unser Ziel. Wir sind dann den Schritt weiter gegangen und haben ausgearbeitet, wie man damit ein Business-Modell und eine Firma aufbauen kann. 

Munich Startup: Wie hat sich Eure Lösung seit der Gründung weiterentwickelt?

Stephan Rohr: Wir bieten nun eine fertige Softwarelösung nach Industriestandards an. Zusätzlich zu unserer Analytiksoftware für Energie- und E-Mobilitätskunden, liefern wir auch Simulationsmodelle für Batterien. Damit decken wir den gesamten Lebenszyklus von Batterien ab – von der Batterieentwicklung, über die Batterienutzung bis zum Second-Life der Batterie.

Munich Startup: Waren Programme wie ESA BIC oder Förderungen wie durch den European Innovation Council für Eure Entwicklung relevant?

Stephan Rohr: Natürlich sind solche Programme immer wertvoll – sowohl in Bezug auf finanzielle Mittel, Kontakte zu potenziellen Kunden als auch als Sparringspartner für das Geschäftsmodell und Go-To-Market-Aktivitäten. Gerade am Anfang spielen sie eine sehr wichtige Rolle. Da kann man viel lernen.

Munich Startup: Wie laufen mittlerweile die Geschäfte?

Stephan Rohr: Wir sind mittlerweile ein global tätiges Unternehmen und haben Standorte in München, Paris und Chicago. Wir sind auch bei unseren Mitarbeitenden stark gewachsen. Es arbeiten nun über 130 motivierte und smarte Köpfe bei uns. Das spiegelt sich natürlich auch in unseren Kundenprojekten wider. Dort kommen stetig neue Aufträge hinzu, sowohl in Europa als auch in Nordamerika.

Ein Markt, der kaum existierte…

Munich Startup: Was war bisher Eure größte Herausforderung?

Stephan Rohr: Die größte Schwierigkeit war für uns anfangs, dass wir in einem Markt agiert haben, der noch sehr jung war, beziehungsweise kaum existierte. Vor fünf Jahren, als Twaice noch in den Kinderschuhen steckte, da waren Energiespeicher und E-Autos noch gar nicht so ein großes Thema. Jeder Pitch begann also erst einmal damit, dass wir den Mehrwert und die Innovationskraft von Batterien erklären mussten. Im zweiten Schritt mussten wir dann herausstellen, dass Batterien auch ein Problem darstellen, für das wir eine Lösung haben. Das ist ein schwieriger kommunikativer Spagat. Heutzutage hinterfragt eigentlich niemand mehr, dass Batterien ein elementares Bauteil sind und fast jeder ist sich auch über die Herausforderungen im Klaren. Wir können also viel direkter mit unseren Kunden sprechen.

„Nicht zu ungeduldig sein“

Munich Startup: Welche Learnings konntet Ihr insgesamt im Gründerteam bisher mitnehmen?

Stephan Rohr: Ein großes Learning ist bestimmt, nicht zu ungeduldig zu sein. Mit Twaice haben wir schon viel erreicht. Man darf aber nie vergessen, dass die Reise lang ist, um eine große Firma aufzubauen. Natürlich haben wir, wenn ein Ziel erreicht ist, immer schon die nächsten Ziele vor Augen und wollen diese möglichst schnell umsetzen. Aber teilweise dauert es einfach seine Zeit. Deshalb auch Zeiten für Erholung einplanen, um immer genügend Energie für den Marathon zu haben.

Außerdem sollte man sich selbst nicht im Weg stehen oder allzu hohe Hürden aufbauen. Die wichtigste Eigenschaft als Gründer ist Durchhaltevermögen. Ich gebe den Tipp, sich Gedanken wie „Was passiert, wenn es nicht klappt?“ oder „Wie würde sich ein Scheitern auf meinen Lebenslauf auswirken?“ gar nicht erst zu machen. Sondern sich einfach in das Thema zu stürzen, zu lernen und dann mit Motivation dabei zu bleiben. Dann realisiert man nach ein paar Jahren, was entstanden ist.

Munich Startup: Auf welche Milestones arbeitet Ihr als nächstes hin?

Stephan Rohr: Ziel für uns bleibt die erfolgreiche Internationalisierung. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg mit diversen großen Aufträgen in den USA. Nun geht es darum, unsere Präsenz in Nordamerika weiter auszubauen und zu festigen. Gleichzeitig schläft die Konkurrenz ja nicht. Deshalb entwickeln wir unsere Produkte stetig und in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden weiter.